Mittwoch, 26. Oktober 2011

Kapitel 3

Kapitel 3

Ich lag hier also auf dem Bauch im gerade abkühlenden Wüstensand und wartete darauf, dass ein Sandbuddler durchlief. Es war ein dicker großer Nager mit viel Fleisch an dem runden rattenähnlichen Körper, der unter dem Sand hin und her hetzte, wie ein Verrückter, weil er niemals still stehen durfte, da er ansonsten starb. Es war eigentlich ein Hai, in Rattenform.

Drei Tage marschierte ich, ohne etwas zu essen, mit dem penetranten Wolf im Nacken durch die Wüste. Jetzt war ich AUSGEHUNGERT.

Mein Magen knurrte und das nicht zum ersten Mal. Drei waren mir schon durch die Lappen gegangen. Ich war einfach keine superschnelle Bestie, so wie Angeberwolf, der ein paar Meter entfernt schon zwei der dicken Viecher gefressen hatte und sich gerade genüsslich das Maul sauber leckte. Er lag da… faul mit ausgestreckten Vorderpfoten wie eine Sphinx und schnaubte immer, wenn mir einer durch die Lappen ging. Ich wusste ganz genau, dass er mich auslachte.

Ich ignorierte ihn geflissentlich, was gut für ihn war Ich hatte Hunger und war aggressiv. Die zwei Monde standen bereits hell am Wüstenhimmel. Das Feuer brannte knisternd. Es wartete nur auf das Fleisch.

Da… türmte sich wieder ein Stück von mir der Sand. Der Sandbuddler rannte darunter hindurch und ich hechtete schnell hinterher. Sie waren verdammt schnell… und ehe ich mich versah, war der Sandhaufen schon weitergezogen und über einen Hügel verschwunden.

Fluchend schlug ich mit den Fäusten in den Sand. Mein Magen knurrte erneut. Meine Kehle war außerdem ganz trocken und ich entschied mich dazu, einen Schluck von meinem genau dosierten Wasser zu trinken, nur einen einzigen Schluck. Nicht mehr, nicht weniger. Es ist schwer nur wenig zu trinken, wenn man sich fühlt, als könnte man einen ganzen Fluß aussaufen.

Ich schaffte es und wischte mir danach den Mund ab, während ich mich im Schneidersitz frustriert vors Feuer setzte. Dann eben kein Abendessen. Wenn man kein Frühstück und kein Mittagessen gehabt hatte, dann kommt es aufs Abendessen nun auch nicht mehr an…

Ich steckte die Flasche weg, zog die Knie hoch, schlang die Arme darum und schaute blicklos in die züngelnden Flammen. In der Nacht wurde es hier verdammt kalt. Aber wenn ich schön am Feuer sitzen blieb, ab und zu aufstand und ein paar Schritte ging, um mich zu bewegen, dann wäre es in Ordnung. Ich dürfte bloß nicht einschlafen.

Mein Magen zog sich vor Hunger erneut zusammen. Mit den Schmerzen im Bauch würde ich ganz sicher nicht schlafen können. Wieder ein Vorteil.

Plötzlich landete etwas dumpf neben mir im Sand. Es war der dickste Sandbuddler, den ich jemals gesehen hatte und er hatte ein zerbissenes Genick. Nur drei Schritte entfernt stand der Wolf. Hinter ihm konnte man die zwei Monde sehen und hätte er nicht wieder mit heraushängender Zunge so dämlich gegrinst und wäre so selbstzufrieden gewesen, hätte er richtig majestätisch ausgesehen.

Ich schaute zu ihm, zu dem Fleisch und wieder zurück.

„Ich will dein Fressen nicht.“ Ich packte das Vieh am glatten Schwanz und warf es ihm vor die Füße.

Ich war auf keine Gestaltwandler angewiesen. Auch wenn sich hinter diesen eisigen Wolfsaugen ein Mensch verbarg, so gehörte er immer noch zu den Bestien, die den einzigen Menschen gefressen hatten, der mir etwas bedeutete.

Er ging zu dem Tier und schob es mit der Nase bis zu mir. Mit dieser Bewegung kam er mir so nah, dass ich sein Fell hätte berühren können, das leicht im Nachtwind wehte. Ich krampfte die Finger um meine Beine und zischte: „Geh weg .“ Daraufhin schaute ich stur geradeaus in die Flammen. Einen kurzen Augenblick fiel mir auf, dass ich wegen seiner Nähe gar nicht in Alarmbereitschaft war und darüber wurde ich nur noch wütender.

Mir schien es fast, er würde mit den Schultern zucken, als er sich an die andere Seite des Feuers legte und genüsslich anfing zu fressen. Die Knochen knackten. Das Fleisch riss und seine weiße Schnauze war am Schluss blutrot.

Genüsslich leckte er sich das Blut ab, legte dann seinen mächtigen Kopf auf die Vorderpfoten und beobachtete mich über die Flammen hinweg, mit seinen menschlichen eisblauen Augen. Ich schaute zurück. Etwas anderes hatte ich ja sowieso nicht zu tun. Nach einiger Zeit stellten sich mir die Nackenhaare von seinem Blick auf. Er war so… Forschend. Eindringlich. Menschlich. Als würde mir gegenüber ein richtiger Mann sitzen und keine Bestie.

Er verwirrte mich mit seinem Blick und ich schaute wieder weg, legte mich rückwärts hin und betrachtete den klaren Sternenhimmel über mir. Es war ziemlich hell in der Nacht, weil es am Himmel so viele Sterne gab, dass man fast kein Schwarz sehen konnte. Außerdem konnte man noch einen anderen Planeten sehen. Er war fast so nah wie der Mond und hauptsächlich blau, also bestand er zum größten Teil aus Wasser. Jedoch waren auch braune, graue und grüne Flächen zu sehen. Davor waren allerdings weiße Streifen. Ich nehme an, es waren Wolken. Wenn ich diesen Planeten ansah, bekam ich ein altbekanntes Ziehen in der Brust. Es war immer so, wenn ich ihn anschaute. Man konnte ihn nur in der Nacht sehen und ich lag oft schlaflos da. Deswegen kannte ich ihn so gut wie in und auswendig. Ob man darauf wohl auch leben konnte, so wie hier? Ob es dort vielleicht Menschen gab?

So richtige Menschen, mit einem Gewissen und moralischen Vorstellungen, mit dem Streben danach Gut zu sein? Glückliche Pärchen? Große Familien?

Ob es hier wohl irgendwo einen Mann gab, der für mich bestimmt war?

Orangeglühende und eisblaue Augen, die sich vermischten und mich verwirrten… das war das letzte, an was ich mich erinnern konnte. Dann wachte ich auf.

Die erste Sonne ging gerade am Horizont auf und ich lag seitlich im weichen Sand. Zum Glück war mir beim Schlafen kein Käfer ins Ohr geklettert! Schlafen? Wenn ich geschlafen hatte und mich nicht bewegt hätte, dann müsste ich eigentlich tot sein…außer es hätte mich jemand gewärmt!

Mit verengten Augen richtete ich mich auf und schaute über das herabgebrannte Feuer hinweg. Kein Wolf war zu sehen! Ich blickte mich um, nur leere Wüste, hellblauer Himmel, die sich jagenden Sonnen und vergessen wir natürlich nicht die halbtoten Bäumchen.

Der Wolf war weg und mein Magen zog sich zusammen. Ich schob es natürlich auf den Hunger…

Gut… dann hatte ich jetzt wenigstens wieder meine Ruhe und konnte weinen, wann und wie es mir gefiel! Dann konnte ich mich wieder einsam und verlassen fühlen… Immer alles schön reden, dann ist es nicht so schlimm… Gähnend rappelte ich mich auf und streckte die Hände der Sonne entgegen. Dabei fiel mein Blick auf meine, schon wieder dreckigen, Fingernägel und ich zuckte zusammen. Wenn ich eine Oase fand, dann müsste ich dringend ein Bad nehmen und es war mir egal, wer mir im Wasser auflauern würde.

Obwohl der Wolf weg war, ging ich hinter die nächste Düne, um mein morgendliches Geschäft zu erledigen. Zum Glück konnten meine Füße nun gemeinsam mit dem Sand heiß werden, dachte ich, als ich zurück kam.

Ich schaute zu der Feuerstelle und meine Schritte stockten, denn er war nicht weg… Jetzt war er wieder da und saß geduldig an seiner Stelle. Irgendwas tief in meinem Bauch entspannte sich bei seinem Anblick.

„Bist du immer so hartnäckig?“ Ein breites Wolfsgrinsen war die Antwort. Langsam ging er mir damit wirklich auf den Geist. „Ich werde nicht auf dich warten oder stehen bleiben, wenn du mal musst…“ warnte ich ihn mehr im Scherz als Ernst und marschierte drauf los. Ich wusste, dass er mir still und heimlich folgte, dafür musste ich mich erst gar nicht umdrehen.

Als ich merkte, dass ich lächelte, wischte ich mir schnell über das Gesicht und war froh, dass die Bestie es nicht gesehen hatte. Jawohl Bestie und NEIN, er hatte mich die Nacht sicher nicht gewärmt! An so etwas wollte ich erst gar nicht denken! In dem Tier steckte schließlich ein Mann… und zu was Männer fähig waren, hatte mir der Panter nur zu gut gezeigt… mit seinen starken Händen… und seinem hübschen atemberaubenden Lächeln… OH NEIN! NEIN NEIN NEIN! Ich driftete wieder ab!

Meine Schritte wurden bestimmter, als ich mir verbot an jegliche Monster zu denken. Ich dachte einfach an Opas Märchen, während ich, mit dem Wolf im Rücken, durch die Wüste marschierte. Auf zur nächsten Oase. Dort müsste ich erst mal meine Wasserflasche auffüllen. Ansonsten würde ich sterben.

Ich werde sterben, dachte ich am Nachmittag, als die Sonnen hell und erbarmungslos herabbrannten. Dort wo eine Oase hätte sein sollen, war nichts als verdorrtes Gestrüpp und die nächste war zwei Tagesmärsche entfernt. Fast genauso weit war es bis zur Waldebene und zurück auch.

Mit Tränen in den Augen stand ich vor der Oase und griff nach meiner Flasche. Ich schüttelte sie. Hörte nichts. Ich öffnete sie und hielt mir die Öffnung auf die ausgestreckte ausgetrocknete Zunge. Kein einziger Tropfen berührte sie. Also schleuderte ich erst mal die Flasche weg und fiel auf die Knie… Dort raufte ich mir eine Runde die Haare… Dann krabbelte ich zu der Flasche und sammelte sie wieder auf. Ich hatte nicht mehr viel, also war es dämlich den Rest meiner Habseligkeiten auch noch in der Wüste wegzuschmeißen.

Ich konnte es noch bis zur Waldebene schaffen und mir dort Wasser holen. Aber wenn mich auf dem Weg dorthin jemand angriff, dann war ich ungefähr so wehrsam wie der Osterhase, der zur Verteidigung mit seinen bunt bemalten Eiern schmeißt.

Im Augenwinkel sah ich, wie die weißen großen Wolfspfoten, mit den spitzen schwarzen Krallen, neben mich traten und er nüchtern das betrachtete, was von der Oase übrig war. Es war mir egal, dass er so nahe war. Ich würde sowieso sterben. Diese Welt war einfach nicht für mich gemacht. Ich war zu schwach. Ich war zu allein. Ich würde es niemals allein bis zum Pan schaffen.

Ich fühlte eine kühle Schnauze, die mir in die Schulter stupste und wich angeekelt zurück. „Hör auf damit und sag mir lieber, was ich jetzt machen soll.“ Fragend, enttäuscht und auch wütend schaute ich zu ihm hoch…in seine hellblauen menschlichen Augen. Er schaute ernst zurück.

Er würde mir ja doch keine Antwort geben, doch in seinen Augen konnte ich etwas erkennen von dem sich mein Herzschlag beschleunigte… also schaute ich kopfschüttelnd wieder weg. Aufgeben war etwas für Schwächlinge… und allein war ich eigentlich nicht. Er war da. Also rappelte ich mich auf und ging weiter.

„Komm.“ Sagte ich, ohne zu überlegen und erschrak vor mir selbst, während wir weiter marschierten.

Der Hunger trieb mich eindeutig in den Wahnsinn, der Durst sowieso. Meine Beine waren schwach vom vielen gehen. Meine Muskeln zogen und ziepten. Meine Kehle war staubtrocken, dafür war jeder Zentimeter meines Körpers mit Schweiß bedeckt.

Ich würde in dieser elendigen Wüste umkommen, dachte ich nicht nur einmal am Tag.

Je später es wurde, umso mehr grübelte ich. Wäre ich doch einfach oben im Nebelwald geblieben und wäre seine Sklavin geworden. Kaum war dieser Gedanke zu Ende gedacht, hätte ich mich am liebsten selbst geschlagen. Aber nicht mal dazu hatte ich die Kraft.

Und die verließ mich immer mehr.

Am Abend konnte ich nicht mal mehr ein Feuer machen. Ich ging solange ich konnte. Aber irgendwann war es vorbei mit jeglicher Energie und ich ließ mich einfach kraftlos in den Sand fallen. Es tat gut einfach nur zu liegen, auch wenn die Nacht bereits eiskalt angebrochen war und ich dringend ein Feuer bräuchte.

Während ich seitlich im Sand lag sah ich gerade noch wie die letzte Sonne hinter einem fluffigen Sandberg verschwand und das letzte Stück Wärme mit sich nahm. Ich konnte förmlich fühlen, wie die Dunkelheit immer näher gekrochen kam.

Aber das war nicht das einzige.

Es war doch egal, ob ich einem Monster in die Finger fiel oder erfror. Da war mir das Erfrieren sowieso lieber. Also rollte ich mich so klein zusammen wie es ging und wartete, wartete auf irgendwas. Auf was, wusste ich selber nicht, während sich die Nacht komplett und ohne jegliches Erbarmen über mich senkte.

Mein Körper war schon bald ausgekühlt und ich fing an so sehr zu frieren, dass meine Brustwarzen vor Kälte schmerzten und meine Zähne klapperten. Das mit dem Erfrieren war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen. Es tat weh und das lange, bevor mein Körper anfing taub zu werden.

Ein Schatten überdeckte einen der Monde und ich schaute zähneklappernd hoch…direkt in die besorgten Augen der Bestie, die eigentlich gar keine Bestie war, weil sie mich bis jetzt noch nicht gefressen hatte. Jetzt war ich kalt. Jetzt war es klar, dass er keinen Appetit auf mich hatte. Aber selbst von der Wüstensonne erhitzt, hatte er seine Beißerchen bei sich gelassen.

Was wollte er nur von mir?

Fragend schaute ich ihn an. Fragend schaute er zurück. Ich hatte keine Ahnung, was er wollte. Ehrlich nicht. Konnte der mal nicht mit mir reden?

Plötzlich legte er sich eine Armeslänge von mir entfernt hin und ich runzelte verwundert die Stirn. Sein Blick war mit meinem verwoben, als er sich Stück für Stück zu mir schob und da wurde es mir klar.

Er wollte mich wärmen!

Die Bestie wollte mir das Leben retten, indem sie mich wärmte.

Im ersten Moment wich ich zurück, doch es tat weh mich zu bewegen. Es tat einfach nur weh und ich wollte außerdem auch eigentlich gar nicht sterben. Also biss ich die klappernden Zähne zusammen und hob mit aller Anstrengung, die ich aufbringen konnte, einen Arm.

Er sah fast schon erleichtert aus, als er ganz an mich heran kroch. Ich streckte meinen Körper etwas aus, so dass er sich genau neben mich legen konnte. Er lag auf dem Bauch, die Hinterbeine unter sich, die Vorderbeine ausgestreckt und schaute wartend auf mich herab. Den letzten Schritt musste ich machen. Und ich machte ihn!

Ich robbte über den kalten Wüstensand und umklammerte seinen Rücken mit einem Arm, den anderen schlang ich um die dichte Mähne seines Halses. Er war nicht nur warm. Er war heiß wie ein Ofen und er stank nicht. Er roch frisch. Rein. Also vergrub ich mein Gesicht in seinem weichen langen Fell, genau an seinem Hals. Er lehnte leicht sein Kinn auf meinen Kopf und ich fühlte mich plötzlich so geborgen wie noch nie. Tränen traten sogar in meine Augen.

Selbst Opa konnte mir nicht diese Geborgenheit geben. Schließlich war er nicht doppelt so groß wie ich, bestand nur aus Muskeln und hatte rasiermesserscharfe Zähne. Er war eben nur ein Mensch gewesen. Das hier war ein Raubtier. Von der Natur erschaffen um zu töten. Aber langsam wurde mir klar, dass es unter den Gestaltwandlern auch gute und böse gab.

Ich wollte es ja nur ungern zugeben. Aber dieser hier war gut.

Er beschützte mich und wärmte mich in der kalten Nacht.

Mir wurde klar, dass ich den Menschen, hinter dem Tier, gerne kennenlernen würde. Aber nicht heute Nacht. Heute Nacht war ich einfach nur froh, dass er mir als lebendiger Ofen diente und als meine Zähne aufhörten zu klappern, meine Muskeln sich lockerten und ich einschlief, tat ich das, dass erste Mal seit Jahren, mit einem Lächeln im Gesicht.

Mit diesem wachte ich nicht auf, denn ich war wieder allein. Ich wollte mich im ersten Moment wieder davon überzeugen, dass es gut so war… das er eine Bestie war… das ich ihn nicht brauchte… das ich gerne einsam und verlassen war, während ich blinzelnd im mittlerweile warmen Sand lag. Aber dem war nicht so.

Ich würde ihn nicht rufen und mich nicht nach ihm umsehen, sondern einfach wieder mein Geschäft erledigen gehen. Das tat ich. Als ich über den Sandhügel zurück kam, saß er da und wartete geduldig auf mich, als wäre es niemals anders gewesen. Und ich lächelte wieder. Dieses Mal beließ ich es dabei. Auch wenn der Hunger und der Durst mich immer noch halb wahnsinnig machten, so war ich nicht mehr allein und verlassen.

Er war anscheinend eine treue Seele und genau so etwas brauchte ich.

Wortlos gingen wir drauf los. Aber wie auch nicht… ich rollte über meine eigenen Gedanken mit den Augen. Er ging jetzt nicht mehr hinter mir, sondern neben mir, so dass ich seinen geschmeidigen Bewegungen zusehen konnte. Es war ein hübscher… ein majestätischer… mächtiger Wolf. So ein strahlendes weiß hatte ich noch nie gesehen und dann erst diese außergewöhnlichen Augen dazu…

Er glubschte zu mir und ich schaute schnell weg. Peinlicherweise wurde ich rot, weil ich beim Starren erwischt worden war. Toll. Wunderbar.

Der sollte sich jetzt bloß nichts drauf einbilden. Ich hoffte er hatte die Bewunderung nicht in meinem Blick gesehen, aber als er mir plötzlich verspielt mit der Schnauze in den Oberschenkel stieß, war es mir klar. Er hatte es mitbekommen!

Ich sah ihn jetzt nicht mehr an. Auf gar keinen Fall!

Die Dünen wurden immer breiter und höher. Es wurde immer anstrengender sie zu besteigen und eine kullerte ich versehentlich ins Tal herab, weil ich falsch auftrat. Wenigstens war ich schnell unten, dachte ich, als ich mit dem Mund voller Sand ankam. Ich versuchte ihn auszuspucken, aber durch den Flüssigkeitsmangel hatte ich nicht mehr viel Spucke übrig. Also ging ich mit Streuselkuchengefühl im Mund weiter, bis jede Faser meines Körpers schmerzte.

Die Luft wurde mit jedem Schritt, den wir gingen, ein wenig kühler. Wenn wir die Nacht durchmarschierten, waren wir am nächsten Tag in der Hochebene. Dort, wo es Wasser und etwas zu Essen gab, sogar ein kleines Häuschen und den Pan, der mir raten würde, was ich als nächstes tun sollte.

Der Wolf roch die kleine Veränderung in der Luft auch, merkte wohl auch, dass wir immer näher kamen, denn er wurde eindeutig nervös.

Er spitzte die Ohren und blieb plötzlich stehen. Ich weiß nicht wieso. Aber ich tat es ihm gleich und somit überließ ich ihm plötzlich die Führung über uns beide. Ich sah zu ihm herüber und merkte wie sein Körper vor Anspannung ganz starr wurde. Dann sträubten sich seine Nackenhaare und er knurrte leise. In seine Augen trat ein schier tödlicher Ausdruck.

„Was ist?“ flüsterte ich ihm zu. Sein dunkles Knurren und der Ausdruck in seinen Augen machte mir Angst, auch wenn es nicht mir galt. Automatisch wich ich einen Schritt zurück. Er duckte sich ein wenig, legte die Ohren an und sein Knurren wurde lauter, eindringlicher. Ich folgte seinem Blick und erstarrte, als ich zum Horizont schaute.

Dort oben… auf einer Sanddüne war eine Schlange… und damit meine ich keine normale Schlange. Ich meine eine Amphisbaena. Die hatte nicht nur ein Köpfchen an ihrem Körper, sondern gleich mal zwei. Ein Köpfchen vorne. Ein Köpfchen hinten. Ich hatte mich schon immer gefragt, wie die das mit ihren Ausscheidungen anstellte, aber dieser Frage würde ich ganz sicher wann anders klären.

Sie stand dort mitten in der letzten untergehenden Sonne, mit hoch aufgerichtetem, grünlich schimmernden Leib, gelben Augen und herausblitzender Zunge und ich wusste, wir mussten sterben…oder kämpfen. Ich wich noch ein paar Schritte zurück, griff aber instinktiv schon mal nach meinem Dolch.

Der Wolf wich nicht zurück. Er wusste wohl, dass sie vor hatte anzugreifen, denn er schlich sich geduckt nach vorne. Ich konnte dabei sehen, wie seine Schultermuskeln arbeiteten. Angriff war eben die beste Verteidigung. Aber ich wusste nicht, ob und wie er, mit diesem massigen Körper, klar kommen würde. Sie war sicher zehn Meter lang und begann sich jetzt, in aller Ruhe, die Düne herunter zu schlängeln. Jede Flucht war zwecklos. Sie war zu nah. Und ich war mir sicher, dass er niemals kampflos flüchten würde. Auch wenn es DÄMLICH war!

Jetzt stand ich hier also Seite an Seite mit einem Gestaltwandler und würde gegen eine Amphisbaena kämpfen. Toll… dabei war der Tag heute gar nicht mal so schlecht gewesen! Bis auf die Tatsache das ich kurz vor dem Verdursten war und kaum Kraft in meinem Körper hatte. Aber zum Glück gibt es ja noch das Adrenalin das jetzt anfing durch meine Blutbahnen zu rauschen.

Sie kam näher und näher… er duckte sich soweit, dass er fast mit dem Sand verschmolz und aus irgendeinem Grund wurde ich auch ganz ruhig und bewegte mich nicht mehr. Ich hatte mal gehört, dass Amphisbaenas sie nicht gut sehen konnten. Vielleicht hatte sie so Probleme uns auszumachen.

Als sie nur noch zwei Meter entfernt war, wollte ich dann doch laufen und auch, als sie vor dem Wolf war und stehen blieb. Sie richtete sich auf… verdeckte mit ihrem massigen langen Körper die Sonne… und wartete… Wir warteten… Die gesamte Welt wartete ein paar Sekunden.

Dann schnellte sie plötzlich nach vorne.

Ich schrie vor Schreck. Der Wolf war schnell genug und sprang auf die Seite, so dass sie nur eine Ladung voll Sand erwischte. Doch da war noch ihr Hinterteil, welches ja eigentlich das Vorderteil war und andersrum auch… und das schnappte auch nach ihm.

Er duckte sich darunter hinweg und sprang dann den Hals der Schlange an. Er verbiss sich darin, zerrte sie herab und stemmte sich mit allen vier Pfoten gegen den Boden, zog die schwere Schlange zappelnd durch den Sand. Das Blut tropfte auf die Erde und über seine weiße Brust.

Der andere Teil zischte und wollte ihn auch attackieren. Mir wurde klar, dass er mit beiden Köpfen nicht fertig werden würde und anstatt wegzulaufen und das Weite zu suchen, schrie ich sie an und fuchtelte wild mit den Armen.

„Hey… HEY! Hier bin ich! Komm und friss mich!“ Sie schaute mich kurz, fast schon arrogant, an. Der riesige Wolf zerrte noch einmal und riss ein großes Stück Fleisch aus ihrem anderen Hals. Sie zischte, wandte sich von mir ab und wollte ihn angreifen. Okay… ich war wohl nicht gefährlich genug.

Bevor sie ihm allerdings in den ungeschützten Rücken biss, sprang ich einfach mal so drauf los und rammte ihr mit beiden Armen mein Messer irgendwo in den Leib. Hauptsache rein da.

Ich wusste, ich konnte sie nicht tödlich verwunden, aber ich würde den einen Kopf wenigstens beschäftigen, bis der andere zerstückelt war. Weitere Fleischbrocken fielen. Blut tropfte in der heißen Wüste, doch JETZT hatte ich ihre Aufmerksamkeit.

Sie wollte nach mir schnappen, ich sah sie kommen und rollte mich schnell über ihren Körper, so dass sie sich selber biss. Dabei zog ich mein Messer aus ihr und stieß aus Versehen in den Wolf, der mit dem anderen Kopf beschäftigt war. Ich fiel ungraziös auf meinen Hintern. Mein Messer landete, nicht gerade griffbereit, im blutgesprenkelten Sand.

Ich hörte hinter mir ein dumpfes Geräusch und sah, wie der andere Kopf abgetrennt in den Sand fiel. Mich würgte es fast, doch ich hatte für Übelkeit keine Zeit.

Der noch lebendige, nun sehr wütende Schlangenkopf raste nämlich bereits auf mich zu. Mist! Ich konnte gerade noch die Hände heben, da stand plötzlich der Wolf vor mir und zwang sie schnappend dazu, den Schlag nicht auszuführen, wenn sie nicht direkt mit seinen imposanten Beißerchen Bekanntschaft machen wollte.

Ich hätte fast applaudiert, doch dafür blieb nun auch keine Zeit mehr.

Das ihr zweiter Kopf ab war, hieß nicht, dass sie den Rest ihres Körpers nicht nutzen konnte. Er lockte ihre Zähne von mir weg… und ich lag jetzt also allein im Sand… da fühlte ich plötzlich, wie sich ihre feste trockene Schlangenhaut um mich schmiegte… mich einwickelte… ganz leicht und dann immer fester.

Ich schrie… und strampelte drauf los, konnte aber nicht mehr reagieren, oder gar an mein Messer herankommen, als sie mich komplett umschlang und anfing zu pressen… mir das Leben aus dem Körper zu drücken…

Mir wurde schwindlig und ich fühlte mich, als würden meine Augen aus meinen Höhlen quellen, während sie mich mit dem Hinterteil malmte und vorn herum mit dem Wolf kämpfte.

Ich streckte meine Finger über den heissen Sand und versuchte an mein Messer zu kommen, fast schaffte ich es… aber es reichte nicht ganz… bevor Schwärze mich umfing und mir wortwörtlich die Luft ausging.

CUT!

Als Erinnerung: Die Liebes/Fick/Dreier-Geschichte geht erst ab fünf- sechs Kapiteln richtig los, aber dafür wird es etwas… grenzsprengendes…unvergessliches… von mir noch nie dagewesene… absolut AVLiges… mit zwei heißen DonBoth-Kerlen ;)… ja ich weiß… ich hab das Grenzen Sprengen oft versprochen, aber immer eingehalten, oder???? ODER? Also GEDULDET EUCH und sagt mir wie ihr es bis jetzt findet. Auch wenn es Prosa ist! Im nächsten Kap lernen wir den Wolf als Mensch kennen… und er ist so………..

Finde es traurig wenn nur so wenig Reviews kommen. Ihr habt mich eben in der Vergangenheit zu sehr verwöhnt. ;)

Danke natürlich an Beta Bella Baby fürs betan und fürs diskutieren und fürs dasein… und… und… und… ;)

Ich knutsch euch mal wieder, ganz leise und heimlich und unauffällig!

KNUTSCH!

Dienstag, 18. Oktober 2011

Huhu meine lieben Liebenden

Ich muss renovieren und das is GAY!
Ich hasse renovieren! Ich hasse Farbe! Ich hasse Folie! Ich hasse Pinsel!
Das ist alles bäh und deswegen weil alles bäh ist, habe ich im Moment keine Zeit zum hochladen.
Beta Bella Baby sagte, ich solle hier mal ne Ansage machen und hier kommt sie:

IwR und Dangerzone setzen diese Woche auf jeden Fall aus. Aber nächste Woche werde ich es wohl mal schaffen ein neues Kapitel von beidem hochzuladen!

I´m so Sorry Bella... (wie Tyler im Krankenhaus. lol)

Ich knutsch euch wieder mal!!!

Also!

KNUTSCH!

Dienstag, 4. Oktober 2011

Kapitel 2 (Dangerzone)

Kapitel 2

Ich rannte, obwohl ich eigentlich wusste, dass ich keine Chance hatte zu entkommen. Er war nur ein paar Meter hinter mir gewesen, als er angefangen hatte seinen Körper zu transformieren. Ich hatte keine Ahnung wie lang es dauern würde, bis er soweit war… bis die Bestie den Menschen verdrängt hatte.

Doch schon nach ein paar Schritten hörte ich das Brüllen, das meine Eingeweide erzittern ließ. Toll. Ich war tot.

Ich sah über meine Schulter und sah, dass er sich bereits leichtfüßig in Bewegung gesetzt hatte. Ruhig tippelte er hinter mir her und ich wusste, dass er mir auch noch belustigt gewunken hätte, wenn er ein Mensch gewesen wäre und einen Arm zum Winken frei gehabt hätte.

Ich hatte ihm zweimal meinen Dolch in den Körper gerammt und trotzdem lief er hier seelenruhig durch die Gegend. Er sah immer noch nicht so aus, als würde er mich jeden Moment zerfleischen…

Trotzdem versuchte ich noch mehr aus meinem Körper herauszubringen. Es schien, als würde er ganz andere Dinge vor haben als mich zu fressen, doch für diese wollte ich mich auch nicht hergeben! Ich wollte nichts mit diesen Monstern zu tun haben. Sie waren unberechenbar. Animalisch. Menschliche Regeln, die mir mein Opa beigebracht hatte, waren ihnen egal. Sie lebten nach ihren eigenen Gesetzen. Ich war nicht bereit, mich diesen tierischen Regeln freiwillig zu fügen.

Also rannte ich, bis die Muskeln in meinen Waden schmerzten und der Schweiß über mein Gesicht lief. Das einfache Tuch, das nun blutgetränkt war, wehte im Wind und klebte jetzt auch vor Schweiß an meiner Haut. Ich sah, wie der feuchte Nebel zwischen den Bäumen sich lichtete und die Luft immer wärmer wurde. Ich musste mich der Dschungel- Zone nähern. Hier gab es keine Jahreszeiten, so wie mein Opa mir von der Menschenwelt erzählt hatte, sondern verschiedene Zonen: in einer herrschte immer Winter, in einer Sommer, in einer war der Regenwald und in der anderen nur Sand. Es gab tausende dieser verschiedenen Ebenen. In den Zonen herrschte immer das gleiche Klima und das gleiche Wetter und es lebten verschiedene Wesen dort. Im Regenwald lebten hauptsächlich die Gestaltwandler.

Ich betrat also sein Gebiet. Wunderbar. Überlebenstrick Nummer eins: Wenn der Feind dir hinterher rennt, dann verstecke dich einfach auf seinem Territorium… wenn du unsagbar dumm bist!

Aber umzukehren kam nicht in Frage. Ich hörte ein verspieltes Knurren zu meiner linken und schaute durch die Bäume. Er joggte fast schon leichtfüßig parallel zu mir. Sein muskulöser Körper beugte und streckte sich. Ich sah fast in Zeitlupe wie die riesigen schwarzen Pranken das Laub aufwirbelten. Er zeigte mir, dass es für ihn keine Anstrengung war mich zu jagen und dass er mich dann bekommen würde, wenn er das wollte.

Arschkater! Ich zeigte ihm den Mittelfinger. Die Geste kannte ich von meinem Opa und sie war in dieser Welt auch bekannt. Es schien mir fast, als würde er lachen.

In meinen Oberschenkeln kam ein Ziehen dazu, weil ich nun bergauf rannte. Die kahlen hellen Bäume wurden immer lichter… die Blätter, die immer auf dem Boden lagen und niemals anfingen zu faulen, immer weniger. Die blanke Erde kam zum Vorschein, bis sie sich langsam in rauen Stein wandelte, über den es weh tat mit meinem unbeschuhten Fuß zu laufen. Der Nebel verzog sich mit einem Mal und ich hielt abrupt an, weil ich mich am Abgrund einer Klippe wiederfand.

Vor mir erstreckte sich das dichte grüne Blätterdach des Regenwaldes. Die feuchte heiße Luft strömte mir ungehindert entgegen und erfasste meine verschwitzten Haare. Ein paar bunte Vögel, die übergroße Papageien waren, zogen ihren Bahnen und ein paar Phönixe flogen majestätisch umher. Zwischen den Bäumen schlängelte sich ein breiter Fluß entlang. Aus dem Nichts kam aus der Klippe, auf der ich stand, ein Wasserfall und landete laut dröhnend und wild rauschend in dem Fluß unter mir.

Ich drehte mich um und sah gerade noch, wie der schwarze Panter zwischen den nebligen Bäumen hervortrat. Mit hoch erhobenem Kopf sah er mich an. Ich wich einen Schritt zurück und trat an die Kante. Ein paar Steine lösten sich und fielen in die tosende Tiefe herab. Ich konnte gerade noch so mein Gleichgewicht halten.

„Bleib… stehen…“ forderte ich atemlos. Er tat es natürlich nicht. Er senkte leicht den Kopf… und dann fing er an auf mich zuzuschlendern. Sein langer schwarzer Schwanz peitschte zu allen Seiten und seine Ohren waren angelegt. Er sah majestätisch aus und vor allem beängstigend. Ich wusste, wenn ich ihn ranließ, dann würde er mich einfach anspringen und ein Körperteil von mir packen. Seine Reichweite war weit, also musste ich schnell handeln. Ich schaute über meine Schulter, hörte ein paar Fabelvögel kreischen… und das Wasser unter mir dröhnen.

Entweder ich landete bei ihm… als seine menschliche Sklavin… als sein willenloses Spielzeug, oder ich sprang von einer Klippe in ein unbekanntes Gewässer.

Ich wählte die zweite Möglichkeit, vermutlich weil ich verrückt war oder auch unbeugsam.

Genau in dem Moment, als er sich zu Boden duckte und von einem Hinterbein auf das andere trat, wirbelte ich mich herum… und sprang kopfüber in die Tiefe.

Ich hoffte, dass das Wasser unter dem Wasserfall tief war und ich mir nicht den Kopf aufschlug. Einen Moment flog ich mit den Vögeln durch die Luft und schaute einem Phönix in das rote ruhige Auge, dann tauchte ich in die eisige Kälte. Sie umfing mich und raubte mir den Atem. Das Wasser war so tief, dass ich den Boden nicht sehen konnte, obwohl es rein und klar war.

Durch die Blubberblasen hindurch, die mein Eintauchen verursacht hatten, sah ich grüne schlammige Wesen auf mich zukommen. Wassermänner. Die hatten mir gerade noch gefehlt.

Sie waren klein und an Land absolut ungefährlich, weil sie dort nicht atmen konnten. Sie hatten Kiemen, so wie Fische, doch unter Wasser waren sie durch Schwimmhäute zwischen den Fingern und Zehen und einem kleinen wendigen Körper nicht zu unterschätzen. Im Mund hatten sie kleine spitze Zähnchen, mit denen sie mich jederzeit zerfleischen konnten.

Auch wenn sie klein waren, so waren es viele. Sie kamen sofort aus allen Seiten auf mich zugeschossen und ich versuchte nicht unter Wasser zu schreien, während ich mich nach oben strampelte. Überlebenstrick Nummer Zwei: unter Wasser zu schreien ist keine gute Idee, wenn man nicht ersticken will.

Ich verlor schließlich auch noch meinen letzten Schuh. Die Luft ging mir aus und ich war froh, als ich an die Oberfläche stieß und laut japsend Sauerstoff in meine Lungen pumpte. Die Wellen unter dem Wasserfall waren stark. Sie nahmen mir die Orientierung. Das Rauschen des Wasserfalls dröhnte in meinen Ohren und die Nässe peitschte mir hart ins Gesicht.

Ich fühlte, wie mich eins dieser Viecher ins Bein biss und trat nach ihm. Schnell schwamm ich drauf los. Planlos. Das tosende Wasser um mich herum, drohte mich jeden Moment zu verschlingen, also entschied ich mich dazu freiwillig zu tauchen. Dort unten war es wenigstens ruhig und ich konnte ausmachen in welcher Richtung das Ufer war. Außerdem würde ich so die Winzlinge sehen, die mich bei lebendigem Leib mit ihren kleinen Zähnchen und scharfen Krallen anknabbern und anritzen wollten.

Einen Moment bereute ich es, als ich untertauchte, denn jetzt sah ich wie viele wirklich aus der Tiefe daher kamen und mich komplett nackt und aus hungrigen Augen betrachteten. Sie waren alle männlich. Es war lächerlich, was da zwischen ihren Beinen baumelte und ich benahm mich lächerlich, weil ich überhaupt hinsah. Fast hätte ich gelacht. Aber unter Wasser zu lachen war genauso eine schlechte Idee wie schreien, so nebenbei bemerkt.

Ich wusste, dass es für mich nur eine Rettung gab. Das Ufer. Ich schaute mich um und konnte durch das klare Wasser zu meiner linken ein paar Steine sehen… eine Steinwand… ein Ufer!

Die Wassermänner mit den kleinen Dingern, die umher baumelten, kamen immer näher, also machte ich schnell und schwamm in die Richtung des rettenden Ufers.

Sie kratzten über meine Beine und versuchten sich an meinem Körper hochzuziehen. Ich strampelte etwas, doch ich konzentrierte mich in erster Linie aufs Schwimmen. Der größte Fehler, den ich jetzt machen konnte, war anzuhalten und mich mit ihnen zu beschäftigen. Sie würden alle über mich herfallen. Ich war schneller als sie. Das musste ich ausnutzen.

Das Ufer kam in meine Nähe. Ich berührte den rauen Stein mit meinen Fingerspitzen und zog mich nach oben.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, sobald ich Frischluft genießen konnte und stemmte meine Hände auf einen der flachen breiten glitschigen Steine, die sich am Ufer angesammelt hatten. Schnell zog ich mich nach oben, während an meinen Beinen schon fünf Dinger hingen und an mir herumkratzten.

Sobald sie aus dem Wasser kamen, japsten sie mit kleinen Stimmchen nach Luft… Ich schob mich ganz nach oben und drehte mich auf den Rücken, dann strampelte ich erst mal fleißig und sie fielen, wie überreife Pflaumen mit wütenden Gesichtern, zurück ins kalte Nass. Dort wackelten sie noch zornig mit ihren Fäustchen herum und verzogen sich dann, während ich mich auf den Rücken legte und verschnaufte.

Die Sonne strahlte auf mein Gesicht und trocknete es. Ich entspannte mich einen Moment und schloss die Augen.

Doch schon sehr bald umfing mich heftiger Gestank. So, als würde etwas in der Sonne verwesen… und das schon seit Tagen. Ich wusste um was es sich handelte und rappelte mich schnell auf, um von hier wegzukommen. Ich wollte mit dem Mapinguari auf keinen Fall Bekanntschaft schließen. Es war ein riesiges Wesen mit braunem zotteligen Fell, das ein wenig aussah wie ein Mensch. Aber nur vom Grunde her. Er war gute zwei Meter groß und hatte am Kopf nur ein großes braunes Auge. Das Maul hatte es dafür mitten im haarigen Bauch. Damit stürzte es sich liebend gern auf seine Opfer, wenn sie nicht so schlau waren und die Flucht ergriffen, sobald sein fauliges Parfum die Lungen füllte.

Schnell rappelte ich mich also auf den glitschigen Steinen auf und stolperte tropfend drauf los, in den dichten Dschungel. Ich musste aufpassen. Es war gefährlich hier herumzulaufen. Fleischfressende Pflanzen, so groß wie ein Baum, waren hier das geringste Übel, das mich treffen konnte. Ich musste dieses Gebiet schnell verlassen, ansonsten währte mein Leben nicht mehr lange.

Dryaden- Nymphen- die mit ihren Bäumen auf Leben und Tod verbunden waren- winkten mir freundlich zu, aber ich ignorierte sie, denn ich musste hier weg… Über mir flog ein Rock und verdeckte alles mit seinem riesigen großen Schatten. Sein gelbliches Gefieder strahlte in der Sonne. Es war ein Adler von der Größe eines Elefanten. Ich liebte diese Tiere. Aber jetzt im Moment hatte ich, wie gesagt, anderes im Kopf.

Ich kam auf eine Lichtung und suchte mir diesen Ort, um zu verschnaufen. An einem großen Baum, dessen Wurzeln den Boden aufgerissen hatten, lehnte ich mich zum verschnaufen an. Aber davor testete ich erst, ob dieser nicht zum Leben erwachen und mich mit seinen Ästen zu Brei schlagen würde. Nein, das war kein lebender Baum.

Entkräftet ließ ich mich an ihm herabgleiten bis ich saß und stützte meine Arme auf meine Knie und meinen Kopf in meine Hände. Erst jetzt merkte ich, dass ich den Dolch immer noch umklammert hielt. Ich steckte ihn in die Scheide, die an meinem selbstgebastelten Gürtel hing.

Ich war noch einmal davongekommen, aber dafür steckte ich jetzt im Dschungel fest. Da war mir der Nebelwald lieber gewesen. Dort war es nicht so verworren, so bunt und so voll mit Gefahren. Der Nebelwald war oben auf der Klippe. Ich müsste hochklettern. Vielleicht fand ich auch einen netten Riesen, der mich hochhob?

Oder ich würde weiterziehen und mich in die Wüstenebene begeben. Allerdings gab es dort auch sehr unfreundliche Artgenossen. Ich könnte auch weiter nach Norden gehen, dort wo die Hochebenen und Wälder waren. Mein Opa und ich hatten dort eine Zeitlang gelebt. Da kannte ich mich gut aus und wir hatten einen Bekannten, den Pan.

Opa.

Ich erinnerte mich zurück: an sein rostbraunes runzliges Gesicht mit dem weißen Ziegenbart am Kinn und seine immer lächelnden braungrünen Augen; an sein Selbstbewusstsein und seinen Glauben, den er trotz dieser Welt, in der wir leben mussten, nie verloren hatte. Ich konnte ihn noch vor mir sehen, in seinen blauen komischen Hosen, die ihm bis zur Brust reichten und an Trägern an seinen dünnen Schultern hingen. Er wollte mir nie erzählen, wo er die Hosen her hatte, aber Tatsache war, dass sie weit waren und das er vorne am Bauch eine Tasche hatte, in die er alles reinstecken konnte, was er so brauchte. Er hatte aus einem Stück Stoff eine Art Rucksack gemacht, in dem wir unsere Besitztümer mit uns herumschleppten. Es war nicht viel: eine fransige Decke; ein paar verschieden große Messer; eine Steinschleuder, die aber tödlich sein konnte, wenn man das richtige Geschoß hernahm; ein Zauberbuch, das er aber nie benutzt hatte; eine Plane aus wasserdichtem blauen Stoff und ein paar feste Seile und Schnüre. Jetzt war alles verloren. Ich hatte nur das, was ich am Körper trug.

Er war ein herzensguter und netter Mensch gewesen. Er hatte mir gezeigt, was es hieß zu den Guten zu gehören, Mitgefühl zu haben und ein Gewissen zu empfinden. Damit hatte er uns oft in Schwierigkeiten gebracht, weil er immer der Held sein wollte. Er konnte niemals an einer Falle vorbei gehen, ohne zum Beispiel den Zentauren zu retten… Natürlich kam dann der Waldmensch, der Woodwose, und jagte uns, aber wir kamen glimpflich davon.

Doch mit seiner helferischen Seele hatte er uns schon ein paar Mal in Lebensgefahr gebracht und ich… ich hatte immer mitgemacht, weil er sagte: Wenn eine Kreatur in Not ist, ist wegsehen das Schlimmste was du tun kannst. Du könntest ihre Hilfe irgendwann gebrauchen und wirst auch froh sein, wenn sie nicht wegsieht. Außerdem sagte er auch: Pinkel niemals in den Brunnen, der deinen Weg kreuzt… du weißt nicht, ob du sein Wasser irgendwann trinken musst…. Nach der Devise lebten wir… und wir fühlten uns gut dabei Menschen zu bleiben und das Menschliche zu vertreten.

Wir konnten jeden Abend mit gutem Gewissen schlafen gehen…bis… bis sie ihn zerfleischt hatten. Danach konnte ich gar nicht mehr schlafen. Das Knacken seiner brechenden Knochen und das Reißen seines Fleisches verfolgte mich in meine Träume… Das Knurren der Wölfe… ließ mich erschauern, allein, wenn ich daran dachte.

Ein Knurren riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte es schon einmal gehört und hörte es immer noch… immer und immer wieder…

Deswegen zog sich jetzt alles in mir zusammen, als ich nach oben blickte. Fast hoffte ich, es würde der Panter sein, aber er war es nicht.

Es war ein schwarzer Wolf und der war so groß wie ein kleiner Gorgone. Er stand direkt vor mir. Ich hatte nicht gehört, wie er sich angeschlichen hatte, dabei war mein Gehör ansonsten eins- a- spitze.

Meine Augen wurden groß, als ich der Bestie in die stechend gelben Augen blickte. Sofort wusste ich welcher Wolf es war. Es war der Anführer von dem Rudel, welches meinen Opa zerfleischt hatte. Dieser hier hatte ihm, vor dem Festmahl, gnädigerweise die Kehle durchgebissen. Er war es, der mir nochmal in die Augen blickte, bevor er ein Stück aus Opas Bauch riss, als würde er meine unbändige Angst genießen. Es war eindeutig, dass dieses Rudel aus Gestaltwandlern bestand, denn kein Tier war normalerweise jemals sadistisch.

Die Lefzen waren zurückgezogen und er präsentierte mir elfenbeinfarbene große Hauerchen, die er jeden Moment in mich bohren würde. Sein Fell war lang und tiefschwarz, seine Pfoten so groß wie mein Gesicht. Er musste sich etwas bücken, um mit mir auf einer Augenhöhe zu sein.

Ich sah in diese kalten Augen und fühlte den Menschen dahinter. Es war ein böser Mensch.

Sie waren nicht neckisch, nicht freundlich, nicht mal ausgehungert, sondern einfach nur böse und gemein. Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus und ich bereute es den Dolch weggesteckt zu haben. Ich bereute vieles… aber am meisten bereute ich im Moment nicht oben bei dem Panter geblieben zu sein… bei dem Mann, der im Laub unter mir gelegen und mich offen und verspielt angelächelt hatte, während sein Arm mich hielt… und mir komischerweise Schutz bot.

Der Wolf schnaufte und schaute weg… nach links. Ich folgte seinem Blick und sah, dass neben ihm noch einer stand. Er war weiß wie Schnee, nur seine Nase war schwarz. Seine Augen waren hellblau wie die Gletscher der Eisebene. Er stupste den schwarzen Wolf ein wenig mit dem Kopf in die Seite, als wollte er ihn von mir wegschieben, ohne ihn zu verärgern, doch der Schwarze knurrte und schnappte gefährlich nah mit den Reißzähnen nach dem Weißen.

Der Weiße mit den Eisaugen war nicht dabei gewesen, als sie kamen um uns zu fressen. Ich hatte ihn noch nie gesehen. Er war ein wenig größer und stattlicher als der Schwarze, dennoch war er eindeutig nicht der Alpha.

Die wirkliche Bestie nahm mich nun wieder ins Visier.

Ich musste etwas tun… wenigstens Zeit schinden.

„Ähm… könnte ich noch etwas… sagen… bevor du mich auffrisst?“ Ich wählte die Höflichkeit, denn hinter diesen Augen befand sich ein Mensch und er verstand meine Worte zu gut. Er wartete…rührte sich nicht.

Also sprach ich mal weiter: „Ich habe gestern aus Versehen einen giftigen Pilz gegessen… mir ist immer noch ganz schlecht davon… und ich glaube, dir würde er auch nicht gut bekommen.“ Ich hielt mir den Bauch und wusste, dass mein Schauspiel miserabel war, doch ich probierte es wenigstens. Vorsichtig schaute ich hoch.

Der weiße Wolf schnaubte abfällig, fast schon ironisch. Ich konnte nicht zu ihm rüber sehen. Der Schwarze ließ sich nicht beeindrucken und strich sich als Antwort auf meine Worte mit rosa fleischiger Zunge betont langsam über die Reißzähne.

Jetzt war es an mir die Fäuste zu ballen. Ich überlegte, ob ich es schaffte das Messer zu ziehen, bevor er mir an die Kehle ging und damit meinte ich NICHT die Kniekehle! Schön wärs gewesen! Ich würde es nicht schaffen. Er war einfach zu nah.

„Dieser Pilz ist wirklich nicht zu unterschätzen. Mein Fleisch ist sicher ganz ekelhaft und zäh. Ich fühle mich schon ganz… faulig und stinkig.“ merkte ich noch an, doch er reagierte nicht.

Wie lange würde er es denn noch hinauszögern? Reichte es ihm nicht, dass der Schweiß, der soeben noch vom Wasser abgewaschen worden war, jetzt wieder strömte und dass mein Herz versuchte mich von innen zu erschlagen? Konnte der nicht endlich mal mit seinem Mittagsmahl loslegen und dem endlich ein Ende bereiten?

Dann fiel es mir auf: ich empfand keine Angst um mein Leben… obwohl ich direkt in die Augen der Bestie schaute. Ich wehrte mich nur aus Prinzip und versuchte deswegen den Wolf vor mir in Grund und Boden zu quatschen. Hieß das etwa, ich hatte mich mit meinem Tod abgefunden, nachdem mein Opa gegangen war? Hieß es etwa, ich hatte die Hoffnung aufgegeben? Ich zuckte innerlich vor dem Gedanken zurück. Das hieße so viel wie, ICH hätte aufgegeben.

Der Wolf machte sich bereit… er hob seine Lefzen, präsentierte seine Zähnchen und knurrte. Ich fühlte, wie die Erde um mich herum vibrierte. Jetzt würde er angreifen. Ich erkannte es an einem leichten Anspannen seines Körpers.

Plötzlich kam von rechts ein anderes Knurren, noch tiefer und eindringlicher als das Erste. Verblüfft schaute ich zu dem weißen Wolf, genauso wie der Schwarze. Ich glaube, er dachte er hätte sich verhört. Der Weiße stand da, knurrte ihn tatsächlich an und präsentierte imposante Beißerchen, zwischen die ich nicht geraten wollte. Aber er knurrte sowieso nicht mich an, sondern den anderen. Der sah… irgendwie verwirrt aus.

Dann machte er einen drohenden Schritt von mir weg, auf den Weißen zu. Der wich zurück und hörte sofort auf zu knurren, als der Schwarze nach ihm schnappte. Es sah schrecklich aus. So würde er auch nach meiner Kehle schnappen. Der Schwarze ging weiter demonstrativ auf den Weißen zu und der wollte anscheinend doch keinen Ärger, denn er legte sich mit eingezogenem Schwanz auf den Rücken und präsentierte dem anderen als Unterwürfigkeitszeichen seinen empfindlichen Bauch.

Der Schwarze war zufrieden und wandte sich etwas abgelenkt wieder mir zu.

Gerade spannte er sich erneut an… da knurrte der Weiße schon wieder!

Wir sahen beide mit gerunzelter Stirn zu ihm hin. Er stand aufrecht und drohte dem Schwarzen wieder. Dieses Mal konnte ich wirklich die Verwirrung und auch den Zorn über die Herausforderung in den Augen des schwarzen Wolfes sehen, als er wieder auf den Weißen zumarschierte und dieser sofort aufhörte zu knurren und sich gehorsam auf den Rücken legte.

Ich fragte mich, was er mit dieser Show bezweckte… es war fast so, als würde er versuchen Zeit zu schinden. Das war natürlich absolut abwegig, denn wieso sollte er versuchen mir zu helfen, wo er doch genauso scharf auf mein Fleisch war wie jeder andere fleischfressende Gestaltwandler.

Der Schwarze wandte sich wieder mir zu. Ich wusste, dass er es jetzt besonders schnell machen würde, doch er kam nicht weit, weil man plötzlich eine dröhnende weibliche Stimme hörte.

„HALT!“ verlangte sie und all unsere Blicke flogen nach links. Dorthin, wo zehn Amazonen mit gezogenen Waffen standen und auf den Schwarzen zielten.

„Verschwinde!“ forderte die Anführerin von ihnen. Sie hatte schwarze lockige Haare, eine breite Stirn, noch breitere Wangenknochen und tiefliegende dunkelbraune Augen. Ihr Körper war natürlich nackt… was denn sonst…und ihre Oberschenkel so muskulös, dass sie drohten zu platzen. Genauso war es mit ihren braungebrannten Armen und den breiten Schultern, die mich eher an einen Mann, als eine Frau, erinnerten. Sie hielt eine Armbrust und zielte auf das Vieh.

Der Wolf knurrte lauter und duckte sich doch er trat einen unwilligen Schritt von mir zurück…dann noch einen… und noch einen. Mir wurde leicht ums Herz, als er sich von mir wegdrehte und, ohne die Amazonen aus den Augen zu lassen, im Gebüsch verschwand.

Der weiße Wolf folgte ihm beschwingt, doch bevor er in das Dickicht sprang, drehte er sich noch mal zu mir um und zog die Lefzen hoch. Ich wusste, dass er mich nicht anknurrte. Ich konnte in seinen unglaublich hellen Augen das schelmische Grinsen erkennen.

Ich lächelte schüchtern zurück, bis ich merkte was ich da tat! Ich lächelte einen WOLF an! Schnell wischte ich das Lächeln von meinem Gesicht und schaute zu meinen Retterinnen, die den Wölfen streng hinterher blickten.

Als sie weg waren, kamen sie zu mir und stellten sich vor mir auf. Ich musste meine Augen abdecken, um sie vor der Sonne zu erkennen. Sie waren wirklich sehr groß, aber nicht so groß wie Riesen. Sie sahen nicht unfreundlich auf mich herab, aber waren doch etwas misstrauisch. Sie sagten nichts, sondern starrten mich nur, mit in den Hüften gestemmten Händen, an. Schließlich streckte eine den Fuß nach mir aus und tippte mich mit den Zehen an als wäre ich ein wabbliger Fisch, von dem sie nicht wussten was er war und was er als nächstes tun würde.

Ich wollte hier nicht länger unten rumsitzen, besonders weil sie nackt waren und mir der Ausblick nicht gefiel, also rappelte ich mich verlegen auf.

„Hallo.“ sagte ich. Sie antworteten nicht. Ich winkte ihnen schüchtern. „Ich bin Seraphina.“ sagte ich, weil ich nicht wusste was ich sonst sagen sollte… ACH JA „Danke, dass ihr mich gerettet habt.“

„Was bist du?“ fragte schließlich die Schwarzhaarige. Sie hatte einen leichten Damenbart.

„Ein Mensch.“ sagte ich leise und endlich regten sich ihre Gesichter. Sie sahen sich verwundert an.

„Menschen gibt es nicht.“ sagte eine Blonde, die hinter der Schwarzhaarigen stand und ihre Hand hielt. „Das kann nicht sein.“ nuschelte eine Braunhaarige.

„Ich bin hier und ich bin ein Mensch. Es ist eine lange Geschichte.“ Ich zuckte die Schultern und kam mir so klein vor, im Gegensatz zu ihnen.

„Was tust du hier?“ fragte die Schwarzhaarige mit dem Bärtchen. Anscheinend hatte sie meine Aussage akzeptiert. Vielleicht konnte sie die Wahrheit in meinen Augen sehen. Ich konnte noch nie gut lügen.

„Ich will in die Waldebene zum Pan kommen.“ sagte ich leise.

„Dafür musst du durch den ewigen Sand.“ sagte die Blonde. Ihre Stimme war ein wenig heller als die der anderen. Ihre Haare hingen in zwei langen geflochtenen Zöpfen über ihre riesigen Brüste, die ich zwanghaft versuchte nicht anzublicken.

„Ich weiß.“

„Bist du dort schon einmal gewesen?“ fragte die Schwarzhaarige.

„Schon öfter.“ Ich wusste, dass die Wüste sehr gefährlich war, doch ich hatte bis jetzt jedes Mal überlebt.

„Was willst du beim Pan?“ fragte sie, unbeeindruckt darüber, dass ich noch lebte.

„Ich möchte ihn um Hilfe bitten. Er ist mein Freund.“ Mein Einziger.

„Im Reich des Waldes gehen in letzter Zeit schlimme Dinge vor sich. Du solltest da nicht hingehen.“

Ich musste aber dorthin. Der Pan war der Einzige, dem ich in dieser verworrenen Welt vertraute, weil er ein alter Bekannter meines Opas gewesen war und ich ihn von Kindesbeinen an kannte.

„Ich muss dahin. Egal wie gefährlich es dort ist.“ Ich rang meine Hände. Was sollte ich sagen? Mein Opa ist gestorben und ich finde keinen anderen Ausweg? Ich will nicht allein bleiben? Bitte helft mir…

Sie mussten etwas von meiner Verzweiflung in meinen Augen gesehen haben, denn schließlich sagten sie.

„Dann bringen wir dich bis an die Grenze des Dschungels, von da an musst du allein weiter.“ Ich war überrascht. Damit hatte ich nicht gerechnet und das musste auch mein Gesicht zeigen, denn plötzlich lächelten sie alle nachsichtig.

„Ich danke euch…“ stammelte ich verwirrt… während sie sich schon umdrehten und losmarschierten. Ich musste fast laufen, um mit ihnen Schritt zu halten. „Aber wieso… tut ihr das?“ fragte ich die Blonde und sie grinste mich verschwörerisch an. „Was?“

„Na. Mir helfen…“

„Weil du eine Frau bist.“ Sie boxte mir dabei gespielt mein Kinn und davon flog mein Kopf schon fast ab. Aha. Na gut. Ich rieb mir das geschändete Körperteil und versuchte sie nicht vorwurfsvoll anzublicken. Ich wollte mal nicht so sein und folgte ihnen stumm, was anstrengend war. Ich hätte gern gekeucht, denn die hatten echt ein Tempo drauf, das war unglaublich. Sie boten mir an mich zu tragen, aber ich lehnte dankend ab. Da wäre ich ihren riesigen Brüsten viel zu nahe gekommen.

Es dauerte zwei Tage, bis wir den Rand des Dschungels erreichten. Keiner störte uns oder griff uns an und ich verstand es, als ich die vielen Dolche, Messer, großen Brüste und andere Waffen sah, die sie sich mit Lederriemen um den Körper gewickelt hatten. Ich hätte mich auch nicht mit ihnen angelegt. Mit einer allein schon, aber nicht mit zehn, beziehungsweise zwanzig!

Zum Abschied wollten sie mich zum Glück nicht umarmen. Mein Gesicht war genau in Brusthöhe und ich war mir sicher zu ersticken, wenn sie mich freundschaftlich drücken würden. Sie sagten mir nur: „Pass auf dich auf, kleine Menschenfrau.“ Das „ klein“ hätten sie sich sparen können, denn das war ich nicht. Dann drehten sie sich um und verschwanden geräuschlos im Dschungel.

Nun stand ich hier…an der Grenze zur Sandebene.

Die Luft vor mir flimmerte als wäre sie verzaubert. Riesige Wüstenbänke erstreckten sich über den Horizont. Unberührte Erde aus glühend heißem Sand lag vor mir. Dürre ausgetrocknete Bäumchen stachen aus dem kräftig orangenen Sand hervor, wie Knochen aus einem Grab. Die zwei roten Sonnen waren gerade aufgegangen. Eine war schon weiter oben als die andere, als würden sie ein Wettrennen über den grellblauen Himmel veranstalten. Sie brannten mir schon jetzt heftig auf den Kopf. Ich hatte nicht mal ein Tuch dabei, das ich mir umwickeln konnte oder ein Band, mit dem ich meine wirren dreckigbraunen Locken hochbinden konnte. Meine Wasserflasche, die auch an meinem Gürtel hing, hatte ich aufgefüllt. Sie würde aber für den gesamten Marsch nicht reichen. Ich musste auf jeden Fall bei einer Oase Halt machen.

Ich machte ein paar Schritte in den heißen Sand und verbrannte mir die Fußsohlen. Ich ging dennoch weiter. Meine Füße würden sich daran gewöhnen müssen. Meine Schuhe waren weg und ich würde sie nicht wiederbekommen.

Diesen Teil meiner Reise musste ich schnell machen, denn in der Wüste lebten einige unliebsame Bewohner, zum Beispiel die Bilokos: bösartige Zwerge, die auf Bäumen hausten und nur darauf warteten das jemand vorbeiging, um sie nach oben zu ziehen und mit ihren riesigen Mäulern in einem Stück zu verschlingen. Sie hatten am ganzen Körper Gras, anstatt Haare, womit man sie in den Bäumen der Oasen nicht erkennen konnte. Ich würde deswegen versuchen Abstand von ihnen zu halten, egal wie schattenspendend sie waren.

Während ich durch die Hitze marschierte, dachte ich an die Wesen die mir begegnet waren, seitdem Opa weg war. An den Panter… an den dachte ich am meisten…peinlich aber wahr… Wieso hatte er mich nicht gefressen oder angegriffen, sondern mich höchstens nur verführt? Wieso hatte… er… so mit mir gesprochen, als wäre er von mir fasziniert?

Ich dachte an seinen Daumen, mit dem er über meine Unterlippe gestrichen hatte und merkte, dass ich mit der Zunge über mein trockenes Fleisch fuhr. Schnell schüttelte ich den Kopf und versuchte seinen orangeglühenden Augen zu verdrängen.

Stattdessen dachte ich an den weißen Wolf. Er hatte seinen Anführer provoziert und ihn erfolgreich davon abgehalten mich zu fressen, bis die Amazonen kamen. Aber wieso? Als ich an ihn und seine intelligenten eisblauen Augen dachte und wie er mir nochmal zugegrinst hatte bevor er gegangen war, ertappte ich mich dabei wie ich lächelte. Was war nur los mit mir? Fand ich langsam Gefallen an den Monstern? NEIN! Niemals!

Ich wollte an all diese Bestien nicht mehr denken, also dachte ich an etwas was schmerzhaft war. Doch ich wollte ihn nicht vergessen, also musste ich auch an ihn denken.

Opa.

Er hatte mir immer viel über die Menschen erzählt, damit ich in dieser verrückten Welt den Bezug nicht verlor. Es war fast, als würde er versuchen mich mit seinen Erzählungen auf etwas vorzubereiten, aber keiner, außer ihm, wusste auf was. Er erzählte mir, dass die Menschen Wesen waren, die sich von ihren Unsicherheiten leiten und blenden ließen, deswegen trimmte er mich darauf, mich nicht von meinen Ängsten und Befürchtungen lenken zu lassen.

Er sagte immer: Angst ist nur dazu da, um dich zu lähmen und dich zum Aufgeben zu zwingen. Laufe vor ihr davon und sie wird dich verfolgen. Laufe ihr entgegen und sie wird die Flucht ergreifen.

Ich versuchte nach seinen Sprüchen und Regeln zu leben, aber oft war das nicht leicht. Er schien niemals Angst gehabt zu haben, nicht einmal als die Wölfe ihn umzingelten.

Das taten sie nur, weil er die volle Aufmerksamkeit auf sich lenkte, indem er sich in den Arm geschnitten hatte und sie das frische Blut rochen. Seine letzten Worte an mich waren: Lauf und schau niemals zurück. Damit meinte er, ich solle auch nicht an Vergangenes denken. Doch diesen Rat würde ich nicht befolgen, auch wenn ich schon wieder weinte, so dachte ich weiter an ihn.

Ich fragte mich, wieso er mir nie etwas von meinen Eltern und von meiner Herkunft erzählt hatte. Es musste doch einen Grund geben, wieso wir beide die einzigen Menschen in dieser Welt waren. Es musste aber irgendwo mehr Menschen geben, außer ich stammte auch von Wesen dieser Welt ab. Ich hätte gerne gewusst wo meine Eltern waren, um sie selber zu fragen, wieso ich hier ohne sie war, doch mein Opa sprach nicht über sie. Sie gehörten eben zur Vergangenheit…

Zu oft ertappte ich ihn allerdings dabei, wie er mich mit Zuneigung und voller Erinnerungen im Blick betrachtete. Ich wusste, er dachte an seine Tochter, die meine Mutter gewesen war. Soviel hatte ich aus ihm rausbekommen. Er sagte, ich hätte genauso strahlende wissende Augen wie sie, auch wenn meine etwas schlammiger grün waren als ihre. Ja… so war er, niemals nur aus Höflichkeit nett, sondern immer geradeaus. Ich denke im Alter von sechsundachtzig Jahren kann man es sich schon mal leisten, jedem die Meinung ins Gesicht zu sagen. Man hat ja auch lang genug eingesteckt. Also kann man da dann schön austeilen.

Trotzdem wünschte ich mir, er hätte länger gelebt. Dann hätte ich mich jetzt nicht so schrecklich verlassen und einsam gefühlt.

Ich tapste hier also heulend, einsam und verlassen durch den heißen Sand der noch heißeren Wüste und guckte nicht nach links und nach rechts, als ich plötzlich etwas fühlte…

Manchmal hatte ich solche komischen Gefühle. Also blickte ich auf und wischte mir schnell die letzten Tränen aus den Augen. Im Gehen drehte ich mich um und blieb schockiert stehen. Mir folgte der weiße Wolf!

Seine Zunge hing ihm seitlich aus dem Maul und er grinste mich eindeutig wieder an. Ich schaute weiter, scannte die Gegend nach anderen Wölfen, doch es war nichts weiter zu sehen als Sand, Sand und nochmal Sand. Naja… noch ein paar verdurstende Bäumchen und die glühenden Sonnen. Ich will ja nicht lügen.

„Was willst du von mir?“ rief ich ihm zu. Er setzte sich einfach nur hin, ganz gemütlich, so als würde ich mich normal mit ihm unterhalten und nicht gleich einen cholerischen Anfall bekommen.

Ich schüttelte den Kopf. Es war mir peinlich, dass er es mitbekommen haben musste, wie ich hemmungslos geweint hatte. „Verfolgst du mich etwa?“ rief ich ihm zu. Er legte den Kopf leicht schief. So auf die Art. Vielleicht. Vielleicht auch nicht… Arschwolf!

Ich verengte die Augen und stemmte die Hände in die Hüften. „Hör auf mir hinterher zu laufen! Ich komme super allein zurecht! Wenn ich jetzt weiter gehe, will ich, dass du sitzen bleibst. Ich kann nicht gut heulend durch die Wüste spazieren, wenn ich von einer Bestie verfolgt werde, die mir jeden Moment in den Rücken springt.“

Er schnaubte, blieb aber sitzen. „Ja. Du hast schon richtig verstanden!“ rief ich. „Ihr seid alle gleich. Alles fleischfressende Monster!“ nach diesen Worten drehte ich mich um und marschierte einfach weiter.

Ich hielt es natürlich nicht aus und blickte über meine Schulter… um zu sehen, dass er mir weiter hinterher trottete. Ich ballte die Hände zu Fäusten und ging aber weiter, als ich zurückschrie.

„Geh nach Hause und jag ein paar Unschuldige!“ Er blieb nicht stehen, sondern grinste nur schon wieder auf diese dämliche Wolfsart. „Verstehst du mich nicht oder willst du mich nicht verstehen?“ Ich wirbelte herum, beugte mich herab und nahm eine Hand voll Sand. Ich schmiss den heißen Sand nach ihm, doch er war viel zu weit weg, als das ihn auch nur ein Körnchen berührte. „Hör auf mir hinterher zu laufen!“ schrie ich durch die halbe Wüste. „Ich brauche keinen Aufpasser!“ Ich drehte mich um und ging einfach weiter, während ich murmelte. „Ich brauche keinen…“ Außer meinen Opa vielleicht…

Ich schaute nicht mehr zurück, doch ich war mir sicher, dass er mir weiter hinterher ging. Gut, wenn er so viel Zeit hatte mir hinterher zu laufen, dann sollte er das tun. Ich würde ihm sicher nichts von meinem Wasser abgeben!

Wenn er mich zerfleischen wollte, dann hätte er das sicherlich schon getan, also ließ ich ihn einfach Wolf sein und konzentrierte mich darauf, nicht mehr zu weinen. Das ist gar nicht so leicht, wenn man sich einsam und verlassen fühlt.

Als Mädchen, allein in dieser Welt, ohne jegliche Hilfe, da würde man sich schon gerne tief im Sand eingraben und sich eine Runde selbst bemitleiden… oder da unten bleiben und nie wieder hoch kommen. Das wäre auch eine Möglichkeit.

Stattdessen marschierte ich verbissen weiter… einer mehr als ungewissen Zukunft entgegen.

CUT!

Heute keine großen Worte, meine lieben Liebenden.

Außer DANKE an mein persönliches Bella Baby das erste, einzigste und genialste, weil sie immer das sagt, was in ihrem hübschen Kopf vorgeht und mir nie was vormacht .

Und eine wichtige Frage an euch: WIE FANDET IHR DAS ZWEITE KAPITEL? DEN WEIßEN WOOHOOLF? UND DIE MONSTERAMAZONENBRÜSTE? LOL.

Ich knutsch euch, ob ihr wollt oder nicht!!! *Schlabber*

DonBoth

PS: Heute schon gevotet? ;))