Montag, 15. Oktober 2012

Kapitel 4



Kapitel 4

Bei unserem ersten Gang zur Wasserstelle lief alles gut, also begleitete er mich für die nächsten sechs Wochen jeden Morgen und Abend dorthin. Und nicht nur er…
 Ich fühlte mich die ersten Male aus jedem Busch und Farn beobachtet. Immer wieder raschelte es neben mir ihm Gebüsch und ich fragte mich, ob uns vielleicht die Taliban, vielleicht sogar mein Mann oder meine Brüder verfolgten, aber am dritten Abend sah ich sie dann: Zwei stechende, in der Dunkelheit gelb strahlende Augen und lächelte. Mein einsamer Freund, war anscheinend ein treuer Geselle. Ab diesem Abend ließ ich immer ein Stück getrocknetes Fleisch irgendwo liegen. Ich wollte ja nicht, dass mein Verbündeter verhungerte.
Irgendwann zeigte ich den Soldaten den Fluss. Sie freuten sich über das saubere Wasser wie Kinder und sprangen gleich hinein… NACKT. Ich senkte meinen Kopf und hoffte Allah möge mir das alles verzeihen. Ich schämte mich zutiefst dafür was ich schon alles gesehen hatte. Ich wollte am liebsten ein Loch in den Boden graben und darin verschwinden und dennoch musste ich grinsen, als ich mit geschlossenen Augen hörte, wie sie sich ins Wasser stürzten, sich bespritzten und dabei vor Freude jauchzten, wie kleine Jungs.
Ich fing an für die Männer Tee zu kochen. Zuerst waren sie verwundert, weil ihnen eine Frau wie ich Tee machte. Und so nahm ich an das sie Gastfreundschaft nicht gewöhnt waren. Aber letztendlich stürzten sie sich auf ihn wie Wölfe. Mein Tee wurde immer beliebter. Ich lernte sie alle ein bisschen besser kennen und merkte, dass die meisten von ihnen mich nicht absichtlich verunsichern wollten. Mittlerweile wusste ich, dass sie einfach die Regeln meines Glaubens nicht kannten. Sie wollten mich nicht zu Fehlern provozieren, sie verhielten sich einfach so wie sie es aus ihrer Heimat gewöhnt waren. Anscheinend war es in England, denn dort kamen sie her, normal, dass man fremden Frauen in die Augen sah und sie berührte, und dass man sich vor ihnen auszog. Mich schockierte das alles noch ziemlich und ich zog mich meistens in mein halbes Zimmer zurück, oder ich streifte ein wenig durch die Berge. Jetzt konnte ich es tun, jetzt gab es keinen Ehemann mehr, der mir befahl im Haus zu bleiben.
Meistens kamen Nick, Hugh oder Jack mit. Mit Nick verstand ich mich am besten, weil wir beide immer schwiegen. Uns blieb ja auch nichts anderes übrig, weil wir uns nicht verständigen konnten. Wir verstanden uns auch ohne Worte. Ein paar Handzeichen reichten aus und es war nicht mal peinlich. Er war anscheinend der Mediziner in der Runde, denn er kümmerte sich um die kleinen und größeren Wehwehchen der Soldaten und hatte ja auch meine Wunde versorgt, also zeigte ich ihm ein paar Kräuter und Pasten, die ich kannte. Er musste nicht wissen, dass normalerweise die Taliban aus der Truppe meiner Brüder zu mir gebracht wurden, wenn sie krank oder verwundet waren, und dass ich mir die letzten Jahre ein enormes medizinisches Wissen, auch über Heilkräuter, angeeignet hatte. Nick war ruhig und bedacht. Er machte nie einen Schritt, ohne zu prüfen auf was für einem Untergrund er auftreten würde. Er schätzte seinen Gegenüber immer genau ab, bevor er sich auf jemanden einließ. Ich war anscheinend bei seiner Prüfung durchgekommen, denn ansonsten würde er niemals freiwillig mit mir umherstreifen, so meinten Hugh und Jack zumindest.
 Mit Hugh war das etwas ganz anderes. Er sprach mit Händen und Füßen und Lauten die ich noch nie zuvor in meinem Leben gehört hatte und die mich oft zum Lachen brachten und Saya… tja,  sie liebte ihn. Schon nach fünf Tagen ging sie total unbefangen mit den Soldaten um, etwas das ich auch nach einiger Zeit nicht zustande brachte. Sie lief oft mit ihnen umher, doch zu Hugh schien sie eine besondere Verbindung aufgebaut zu haben. Ich stand oft verzückt da und beobachtete mit einem glückseligen Lächeln auf den Lippen, wie sie von ihm durch das rot schimmerndes Schlafmohnfeld  vor unserem Hof gejagt wurde, wie er sie vor der untergehenden Sonne nach oben warf und sicher wieder auffing. Es war ein Bild, das so viel Liebe und Harmonie wiederspiegelte: Zwischen Soldat und Zivilist, zwischen Afghane und Engländer. Und das mitten in diesem Chaos und diesem harten Krieg in dem wir uns befanden.  Einfach nur zwei Menschen.  Und dennoch war sich jeder seines Platzes bewusst.
Sayas sorgloses Lachen tönte meist den ganzen Tag lang über den Hof, weil sie immer irgendwen mit ihrem kindlichen Charme einwickelte und ihn dazu brachte mit ihr zu spielen. Ich sah sie richtig aufblühen und auch wenn ich noch misstrauisch war, so vertraute Saya den Männern schon komplett, aber sie hatte einfach noch nicht so viel erlebt und gesehen wie ich. Ich war dankbar dafür, dass sie vor unvoreingenommen war und betete zu Allah, dass sie nicht enttäuscht werden würde.  Ich wusste wieso sie Hugh so gern mochte. Er machte es einem mit seiner witzigen offenen Art und seinem ulkigen Aussehen leicht ihn zu mögen und ich verstand vollkommen wieso er anscheinend Jacks bester Freund war.
Wenn ich mit Hugh unterwegs war dann versuchte er sich immer mit mir zu unterhalten. Oder nein, unterhalten war eigentlich nicht das richtige Wort für das, was wir taten. Er plapperte einfach drauf los und hörte nicht mehr auf, auch wenn ich kein Wort verstand. Ich ließ ihn erzählen, machte AH´s und OH´s an den richten Stellen, wenn zum Beispiel eine Bombe hochging, das konnte er perfekt nachmachen, und schaute traurig wenn er etwas leise und langsam erzählte.
Die drei Männer könnten unterschiedlicher nicht sein, aber wenn sie zusammen waren bildeten sie ein perfektes Team. Ich hatte immer eine riesige Freude daran sie vom Fenster aus heimlich zu beobachten, Allah möge mir vergeben, dass ich mich an ihren Späßen und ihrem Lachen nicht satt sehen konnte.
Aber da waren noch viele andere Soldaten, lange nicht alle waren so gut auf mich zu sprechen.
Der mit der Glatze war anscheinend der Kommandant der Männer. Er hieß Sergeant Gerrit. Ich konnte mir das nie merken. Er tolerierte mich, aber er sprach nie mit mir,  genauso wie die meisten der anderen Männer, außer wenn es Tee gab, was mir nur Recht war.
Die ersten paar Tage war ich noch bis zum Bersten gespannt, wenn ich über ihr provisorisches Lager gehen musste, um Kräuter für meine Salben zu holen oder die Hühner zu füttern, aber nach zwei Wochen war ich es nicht mehr.
Jack, Hugh, Nick, der Kommandant und ein paar andere schliefen auf den Teppichen im Haus, was mich Anfangs schwer verunsicherte.  Noch nie hatte ich mit  einem Mann, außer meinen Brüdern und natürlich meinem Angetrautem, in einem Raum geschlafen. Doch ich hatte gemerkt, dass meine Sorgen unbegründet waren, denn sobald sie in ihre Schlafsäcke krochen, schnarchten sie auch schon im Chor.
So vielfältig und bunt meine Tage mit einem Mal waren, so kamen in der Nacht dafür die Ängste doppelt so stark zurück.
Ich fragte mich, wo mein Mann war. Ob er beim Kampf gefallen war und ob er wohl zurückkommen würde, wenn die Soldaten abzogen. Was er wohl für Gründe hatte, um davon zu rennen? Ich hatte Angst davor was er tun würde, wenn er irgendwann zurückkam. Könnte ich ihn anlügen, all die unflätigen Dinge verheimlichen die ich getan und gesehen hatte, oder würde er mich gar nicht erklären lassen und mich gleich umbringen? Wenn die Soldaten abzogen, dann wären Saya und ich komplett schutz- und- mittellos. Was würden wir dann tun, wenn er NICHT nachhause kam? Meine Brüder waren im Land verstreut, oder versteckten sich wahrscheinlich schon in Pakistan? Mama und Papa waren tot, meine Cousins auch bei den Taliban… ich hatte niemanden. Aber darüber machte ich mir noch keinen Kopf, denn Jack hatte gesagt, er würde noch drei Monate mit seiner Truppe bleiben. Was danach kommen würde, war allein Allahs Wille. Ich würde es hinnehmen, was auch immer er für mich geplant hatte, denn ich wusste er würde mir den rechten Weg weisen.

Eines Morgens nach dem Gebet, entschied ich mich dazu schon viel früher Wasser holen zu gehen, weil ich den Männern Brot backen wollte. Schließlich hatte Nick mir für die Schäden am Haus sehr viel Geld gegeben, dann kam auch noch Hugh und steckte mir was für den Tee zu, den ich ihnen täglich machte. Eine unmögliche Summe wohlgemerkt und Saya gab er doppelt so viel… und ein paar Tage darauf kam auch noch Jack todernst zu mir und meinte er müsse mich im Auftrag der britischen Regierung dafür bezahlen, dass sie ihr Lager auf meinem Hof aufschlagen durften. Ich wollte all das Geld nicht annehmen, doch ich hatte keine andere Wahl, so auf mich allein gestellt, wie ich war, da musste ich mich aber wenigstens als gute Gastgeberin zeigen.
Also schlich ich mich vorsichtig die Treppen nach unten. Es dämmerte schon und die Sonne ging auf, so konnte ich die Konturen der männlichen Körper überall auf dem Boden verstreut erkennen. Wie immer bahnte ich mir zwischen ihnen vorsichtig einen Weg und schrie fast auf, als mich eine Hand plötzlich an meinem nackten Knöchel packte. Die Hände die ich mir automatisch vor meinen Mund schlug, hatten den Schrei zum Glück verschluckt. Eine Taschenlampe leuchtete mir ins Gesicht und ich blickte schockiert herab, doch entspannte mich sofort, als ich Jacks melodische, aber leicht kratzige Stimme hörte.
„Was tust du?“, flüsterte er um die anderen nicht zu wecken, ließ meinen Knöchel los und setzte sich auf um sich verschlafen über das Gesicht zu reiben.
„Ich hole Wasser.“, flüsterte auch ich.
„Um diese Uhrzeit?“ er schaute auf die Automatikuhr an seinem Handgelenk. „Es ist halb sechs Uhr morgens.“ Dann stand er auf und streckte sich in alle Richtungen. Mit trockenem Mund sah ich ihn an. Würde ich jetzt Ärger bekommen, weil ich ihn geweckt hatte? Ich wollte ihn auf keinen Fall verärgern!
„Du hast gesagt ich darf machen was ich will… Ich…“ er runzelte die Stirn und hielt mir plötzlich den Mund zu. Ich verstummte abrupt, als seine Haut meine Lippen berührte.
„Nahla, hör auf damit dich immer vor mir zu rechtfertigen.“
Ich nickte und er ließ die Hand sinken. „Dann gehen wir eben um halb sechs in der Früh Wasser holen.“, verkündete er wieder grinsend und zog sich einen schwarzen, weiten Pullover über, der unsagbar gemütlich aussah.  Seine Hose hatte er schon an, natürlich schnallte er sich einen der unzähligen Pistolengurte um, die er sonst so trug und zeigte mir mit einer leichten Verbeugung, dass ich vorgehen sollte. Bei Allah, das war ich nicht gewöhnt, ständig tat er diese Dinge. Er hielt mir Türen auf, verbeugte sich vor mir und trug auch noch immer meine Eimer. Diese Gesten würden niemals aufhören mich zu schockieren. Ich fühlte mich gleichzeitig zutiefst geehrt und unglaublich beschämt.
Schweigend machten wir uns auf den Weg zum Fluss. Er kannte die Strecke schon gut, und so musste ich ihn nicht mehr führen. Natürlich ließ ich im Gehen wieder ein Stück Fleisch fallen.
Locker rauchte der große Mann seine Zigarette, während er lautlos hinter mir herging, immer bereit mich abzufangen, sollte ich wieder mal vorhaben zu stolpern und er murmelte irgendwas auf Englisch vor sich hin. Es klang mürrisch und ich bekam bedenken, so ganz alleine mit ihm in der einsamen Steppe. Vielleicht war er ja doch wütend auf mich, doch als ich mich zu ihm umdrehte und ihn vorsichtig anlinste, verdrehte er die Augen.
„Sieh mich nicht immer so an, als würdest du jeden Moment einen Schlag erwarten. Ich habe dir gesagt ich werde dir nichts tun und ich stehe zu meinem Wort.“ Konnte der Mann etwa meine Gedanken lesen, oder war ich wirklich so leicht zu durchschauen, ich schluckte.
„Das bin ich nicht gewöhnt.“, das erste Mal seitdem diese Männer gekommen waren, fing ich ein Gespräch mit ihm an. Er zog an seiner Zigarette und holte auf, so dass wir nebeneinander den Berg herab gingen. Seine schweren Schuhe knirschten auf dem Schotter.
„Was bist du nicht gewöhnt?“, fragte er ehrlich neugierig.
Ich atmete tief durch… und fragte mich ob ich ihm die Wahrheit sagen und dieses Gespräch weiter laufen lassen sollte. Ich wusste es einfach nicht, sollte ich tatsächlich einfach so sagen was ich dachte? Er durchschaute mich schon wieder.
„Ich weiß, du hast gelernt nicht das zu sagen was du denkst, sondern das was man von dir verlangt, weil du sonst bestraft wurdest, aber bei uns ist das nicht so. Bei uns dürfen die Frauen das sagen was sie denken und auch wenn die Männer dann wütend werden und es ihnen nicht gefällt, so würde ein normaler Mann niemals eine Frau schlagen. So etwas ist bei uns verboten, dafür gibt es sogar Strafen.“
Jetzt hatte er meine volle Aufmerksamkeit, ich starrte ihn an. Ungehindert schossen die Worte aus meinem Mund in die Morgendämmerung. „Bei euch gibt es Strafen dafür wenn ein Mann eine Frau schlägt?“, rief ich aus und er schaute mich breit grinsend an, anstatt mich zu maßregeln das ich meine Stimme zügeln sollte. Erst als die Worte meinen Mund verlassen hatten wurde ich mir dessen bewusst und schlug die Augen nieder.
„Jeah, die Schweinehunde die so etwas tun, kommen vor Gericht und oft ins Gefängnis. Und das ist auch richtig so, bei uns gelten Mann und Frau als gleichberechtigt.“ Ich konnte mir das gar nicht vorstellen. Eine Frau die einem Mann ebenbürtig sein sollte? Auf einer Augenhöhe? Wie sollte das gehen?
„Weißt du. Als ich klein war hat mich meine kleine Schwester immer terrorisiert.“, sprach er leise lachend weiter. „Sie hat mir immer befohlen was ich zu tun und zu lassen hatte. Sie war unser kleiner Diktator und hat mich oft zur Weißglut getrieben, aber ich wäre niemals auf die Idee gekommen ihr deswegen weh zu tun und mein Vater auch nicht. Na gut warte… das war gelogen… als wir klein waren haben wir oft gerauft, aber sie hat immer gewonnen.“
„Deine Schwester hat dich terrorisiert und KEINER hat sie dafür bestraft?“
„JA und wie! Sie hat mir Haarspangen in die Haare gemacht und einmal hat sie mich sogar geschminkt, du musst wissen sie war vier Jahre älter als ich und ein wahrer Wirbelwind, ich war schüchtern und ruhig und wollte einfach meine Ruhe haben, ich hatte nie eine Chance gegen sie.“ Ich musste einfach lachen, weil ich mir den starken Soldaten Jackson Cooper mit Haarspangen und Schminke im Gesicht vorstellte. Aber alles andere war für mich unvorstellbar. Ein Mädchen, das einen Jungen terrorisiert? Ungläubig schüttelte ich den Kopf.
„Weißt du… wir sind nicht hier um für euch Frauen zu kämpfen und das tut mir unsagbar Leid… Nahla wirklich. Wenn ich könnte, würde ich jeden Bastard aufschlitzen der Hand an so ein wunderbares Geschöpf wie dich legt. Ich wünschte, du würdest mir glauben, dass ich dir oder deiner Schwester niemals wehtun werde. Ich bin nicht so ein übler Kerl, wie die Männer mit denen du bist jetzt zu tun hattest, weißt du.“ Ich sah ihn an und hoffte, dass er die Wahrheit sprach. Mein Herz schlug mit einem Mal sehr schnell in  meiner Brust. ER hatte mich wunderbares Geschöpf genannt…. Seine Augen strahlten durchdringlich in der vor Helligkeit schimmernden Dunkelheit. Ich schluckte weil die Luft zwischen uns förmlich anfing zu prickeln.
„Ich will dir glauben“, hauchte ich. „das du ein guter Mann bist.“ Das wollte ich wirklich und er tat auch alles dafür um mich davon zu überzeugen, aber in wie weit konnte ich ihm Vertrauen schenken? Konnte ich überhaupt etwas ANDERES tun als ihm zu vertrauen? Irgendwie hatte ich das Gefühl das mein Leben schon vom ersten Augenblick an in seinen Händen lag.

CUT!!!!!

Jeah, dat wars…. Da öffnet sich KleinNahla Jack gegenüber ein bisschen und Saya hat Hughs Herz sowieso schon längst erobert. Er eures vielleicht auch?????
Ich danke euch für eure lieben Kommentare, sie ermutigen mich sehr zum Weiterschreiben!!!
Danke an meine Sofia P! Wir haben uns mit dieser Geschichte schon ein paar Nächte um die Ohren gehauen und ich möchte keine davon missen, auch wenn ich am nächsten Tag wie ein Zombie rumgelaufen bin! Natürlich auch Danke an mein HülyaBaby! Sie hat mir so wie immer tatkräftig mitgeholfen und DANKE an meine Beta Adrenalin alias Moni, die immer die bösen, bösen Rechtschreibfehler wegzaubert!
Ähm, das ich immer noch todkrank bin und mit Grippe flach liege, werde ich mich hier auch schon verabschieden und versuchen mich auszukurieren ;)
Knutschis an auch! *Milch mit Honig schwenk*
Eure Bethy


Den Rest könnt ihr bald bei Amazon lesen. Link folgt!


Donnerstag, 11. Oktober 2012

Kapitel 3



Kapitel 3

Nach fünf Stunden gab es eine Feuerpause. Ich wusste, dass dies hier noch tagelang so weiter gehen konnte, denn die Taliban, waren bekannt für ihren langen Atem. Sie hätten so vielen Menschen Leid erspart wenn sie eine Niederlage anerkannt hätten, doch das entsprach nicht ihrer Mentalität.
Ich und meine Schwester hatten kein Auge zugemacht, wie denn auch bei dem Krach? Zwischendurch ließen die Soldaten zwei Bomben auf die Taliban regnen, doch entweder sie verfehlten ihr Ziel oder sie waren zu weit zerstreut. Auf jeden Fall ging es fünf Minuten nach den Detonationen schon wieder weiter. Wir saßen hier zwischen all den Soldaten, die es sich mittlerweile gemütlich gemacht hatten und waren… Gefangene. Vorsichtig betrachtete ich sie und war verwundert. Keine mit Aggressivität gefüllten Augen warteten darauf, dass ich etwas falsch machte, wie die meines Ehemannes. Wir wurden komplett ignoriert, als wären wir gar nicht da und so lehnte ich mich fast schon entspannt gegen die Mauer und schaute mir mit Saya die Sternenbilder an.
Schon bald würde es dämmern und langsam kehrte Ruhe ein. Wir beteten in Richtung Mekka, ohne uns davor mit Wasser zu reinigen, stattdessen nahmen wir Sand her. Danach war Saya mit ihrem Kopf in meinem Schoß eingeschlafen, sobald der letzte Schuss gefallen war. Die Arme war todmüde und hatte es sich verdient zu ruhen. Heute hatte sie wirklich Tapferkeit bewiesen.  Aber so war Saya eben. Ein großes Herz das die Welt umarmen konnte und viel Mut vereinten sich in ihrem zierlichen Körper. Obwohl ich die Große von uns beiden war, immerhin trennten uns sechs Jahre, war sie mir mehr Stütze als ich es einem Mädchen in ihrem Alter eigentlich zumuten wollte. Aber sie war es, die zu mir ins Bett krabbelte und mich tröstete, wenn ich vor Verzweiflung die Tränen nicht mehr zurück halten konnte. Sie war es, die mir zuflüsterte, dass ich stark und schön war, und dass sie stolz auf mich war. Sie war es, die anfing das Lied von Mama zu singen und ich war es, die mit mitsang.  Als Gegenleistung wollte sie alles über Mama wissen. Leider konnte sie sich nicht mehr an sie erinnern,  und so war ich an die Stelle unserer Mutter getreten. Saya war alles für mich, sollte ich sie jemals verlieren, würde ich mich selbst verlieren. Ihr konnte ich vertrauen und ich wusste, dass sie mich aufrichtig und grenzenlos liebte. Das war alles was mir noch auf diesem Schlachtfeld des Lebens geblieben war und doch war es mehr als ich mir erhoffen konnte. Sie war der einzige Grund, der mich am Leben hielt und mich weiter kämpfen ließ.

In diesem Moment würde ich normalerweise den Ofen anheizen, Wasser vom naheliegenden Fluss holen und die Tiere versorgen. Aber ich glaubte nicht, dass mich die Soldaten einfach über den Hof spazieren lassen würden, um nach der Kuh zu sehen, oder dem was noch von ihr übrig war.
„Lass uns deine Wunde versorgen.“ Ich hatte gar nicht gemerkt, dass mein Retter neben mir in die Hocke gegangen war. Vor uns stand auch der große blonde Mann mit den kalten Augen. Mich schüttelte es, als ich ihn ansah und schnell senkte ich wieder den Blick.
„Nein, ist schon gut.“ Ich wollte an meine Stirn fassen und zuckte zusammen, als plötzlich seine Hand nach vorne schoss. Reflexartig hob ich den Arm und duckte mich in Erwartung des Schlags. Schließlich hatte ich ihm so respektlos widersprochen.
Aber er schlug mich nicht, sondern zog meine Hand wieder nach unten, so dass ich mich nicht an meiner Wunde berühren konnte. Vorsichtig linste ich ihn über meinen Arm an. Seine dunklelblauen Augen funkelten mich wütend an. Mir wurde ganz schlecht und ich fragte mich wohin ich mich jetzt verkriechen konnte, um dem, was gleich kommen würde, zu entfliehen. Doch komischerweise nahm er auch meinen noch erhobenen Arm, langsam und vorsichtig und zog ihn herab, damit er mein ganzes Gesicht sehen konnte.
„Ich werde dich niemals schlagen.“, sagte er langsam und betonte jedes Wort dabei. Seine Augen strahlten dabei vor Ehrlichkeit und mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Ich wusste nicht, ob ich ihm glauben sollte. Männer konnten so viel sagen und es ja doch nicht so meinen…
„Aber du bist wütend.“, flüsterte ich schon fast. Es war mir unangenehm, dass er immer noch meine Hand fest hielt, aber ich hatte Angst mich ihm zu entziehen. In einer frustrierten Geste strich er sich mit einer Hand über die raspelkurzen Haare. Die meisten, auch er, hatten mittlerweile ihre Helme und diese komischen Brillen abgesetzt und es sich hier hinten gemütlich gemacht.
„Ich bin wütend, weil du Angst vor mir hast.“ Das war für mich unverständlich. Ich konnte nicht glauben was ich gehört hatte.
„Oh… entschuldige.“ Etwas anderes fiel mir dazu nicht ein. Er warf seinen Kopf zurück und lachte schallend. Ich grinste auch ein bisschen verunsichert, erwartete aber immer noch insgeheim einen Schlag.
„Entschuldige dich nicht. Ich bin nicht auf dich wütend!“ Aber auf wen denn dann, wenn nicht auf mich? Doch ich traute mich nicht weiter zu fragen, dass stand mir schließlich nicht zu. Ich runzelte die Stirn und schaute auf seine Hand die meine hielt. Sie war groß und rau, aber sein Griff war sanft. Meine Hand schien komplett in seiner  zu verschwinden. Von seinen Fingern ging ein warmes Kribbeln auf mich über.
„Lässt du dich untersuchen, bitte?“, fragte er mit sanfter Stimme. So  hatte noch nie ein Mann mit mir gesprochen und dann auch noch die Bitte. Vor Schock sah ich ihn wieder an und schüttelte schnell den Kopf. Er war kein Arzt! Das schien ihn umso mehr zu frustrieren und er wendete seinen Blick kiefermahlend ab.
„Wieso nicht?“
„Ich darf mich nicht von einem fremden Mann berühren lassen“, murmelte ich.
„Dann eben ohne Berührung?“ er klang schon wieder so wütend das ich aus Angst tat was er wollte.
„Nick!“, er winkte harsch einen von den Soldaten herbei, mit denen er vorher so ausgelassen gelacht hatte. Dieser ging vor mir in die Knie und am liebsten wollte ich mit der Mauer in meinem Rücken verschmelzen, denn es war der furchteinflößende, Mann mit den stechend blauen Augen und einer dicken Narbe über dem rechten Auge. Mit verschränkten Armen blieb der Soldat der anscheinend ihr Anführer war, neben uns stehen. Ich sah mit roten Wangen auf den Boden vor mir. Die Hand die er gehalten hatte, kribbelte immer noch und ich rieb meine Finger.
Der Mann vor mir sagte irgendwas mit ruhiger, angenehmer Stimme, aber ich verstand ihn nicht.
„Ist dir schwindlig?“, übersetzte mein Retter und ich fragte mich wieso er meinen Dialekt so fließend sprach. Ich schüttelte den Kopf, ohne die beiden anzusehen.
„Ist dir übel?“, wieder verneinte ich.
Der Mann mit der Narbe redete wieder und ich zuckte zusammen, als er mich am Kinn greifen wollte, um meinen Kopf anzuheben. Bei Allah, ich würde mich nie daran gewöhnen! Der Anführer zischte ihm etwas zu, woraufhin der Blonde der eigentlich so kalt und sachlich wirkte ihm einen belustigten Blick zuwarf und zwinkerte. Das machte ihn für mich sofort sympathischer. Während der, dem der Blick gegolten hatte frustriert schnaufte und die Augen rollte. Dabei bekam der Blonde einen leichten Schubs, so dass er fast das Gleichgewicht verlor.
Ohne es zu bemerken, entkam mir ein Kichern, dann schlug ich auch schon schockiert meine Hände vor den Mund und starrte den Anführer panisch an. Er lächelte fast schon verträumt und sah mich an, doch als mein panischer Blick ihn traf runzelte er die Stirn und wieder zeichnete sich Wut in diesen ausdrucksstarken Augen ab.
„Du darfst lachen, weißt du?“, knurrte er mich plötzlich an. „Du darfst sogar noch viel mehr! Du darfst sagen was du willst! Du darfst uns sogar beschimpfen, wenn dir etwas nicht passt! Wir werden dir nichts tun! Wir sind nicht wie die!“ Ich wich zurück, weil er mich mit einem Mal so anschrie und war mir plötzlich sicher, dass er mir doch jeden Moment etwas antun würde. Aber der andere Soldat stand auf und stellte sich zwischen uns. Er redete auf den wütenden Mann ein, woraufhin dieser sich mit Schwung umdrehte und davonmarschierte.
Danach hockte er sich wieder mit verschlossenem Gesichtsausdruck auf seinen ausdrucksstarken Zügen vor mich. Er hatte den anderen davon abgehalten noch wütender zu werden und somit verhindert, dass er mir wehtun konnte. Aggressive Männer waren schließlich unberechenbar, dafür war ich ihm dankbar. Das hatte noch nie jemand für mich getan.  Vorsichtig und langsam berührte er andeutungsweise mein Kinn, so dass ich den Kopf hob und ihn ansah. Unverhofft leuchtete er mir mit einer kleinen Taschenlampe in jedes Auge.  Immer wenn ich zusammenzuckte machte er leise beruhigende Laute und schnalzte mit der Zunge wie die Reiter es mit ihren Pferden machten. Ich fragte mich ob er mir vielleicht damit einen Befehl geben wollte, oder ob man in ihrem Land so mit den Frauen sprach. Als nächstes schaute er sich meine Wunde an und verzog dann sein Gesicht zu einer Grimasse. Nachdenklich sah er neben sich auf den Boden zu einer kleinen Tasche, die ich zuvor noch gar nicht bemerkt hatte, wühlte darin herum und zog ein weißes Fläschchen zusammen mit einem viereckigen Stück Stoff heraus. Er tat so als würde er es sich auf die Stirn kleben. Dabei sah er mich fragend an. Ich biss mir auf die Unterlippe, verstand und nickte schließlich, in der Hoffnung, dass er meine Haut vielleicht nicht berühren würde. Als er sich ans Werk machte bat ich bei unserem allmächtigen Allah um Vergebung, aber ich wusste das hier musste sein. Seine Hände waren sanft und rücksichtsvoll, ich merkte, dass er mir keine weiteren Schmerzen zufügen wollte, als er etwas Kühles draufsprühte, es abwischte und dann meine verletzte Haut mit dem viereckigen, weißen Stoffding zuklebte. Ich war verwundert von dieser bedächtigen Behandlung. Noch niemals zuvor war ich so behutsam von einem Mann angefasst worden, wie von diesem düsteren Soldat vor mir. Als er fertig war, nickte er nur knapp. Noch ehe ich mich bedanken konnte war er schon aufgestanden und mit schnellen Schritten davonmarschiert. Ich blieb mit Saya die immer noch schlief, sitzen und befühlte vorsichtig das Stück Stoff das die Wunde auf meiner Stirn schützte.
Dieser Mann war so nett zu mir gewesen, dabei hatte er keinen Grund dazu gehabt. Sie waren alle ganz anders, als das was ich bisher kennen gelernt hatte. Wieso taten sie das nur und verschwendeten ihre Medizin und ihre Zeit für mich?  Ich war verwirrt und verunsichert, aber ein kleiner Keim Hoffnung ging in mir auf. Vielleicht, waren nicht alle Männer so wie die, mit denen ich bisher zu tun hatte.

Als die Sonne aufgegangen war und sich die Luft um uns herum weiter erhitzte, kamen immer noch keine Schüsse und die Soldaten entspannten sich merklich.  Als sie anfingen sich auszuziehen wusste ich nicht was ich tun sollte. Ich fühlte mich so schrecklich unwohl und starrte auf den sandigen Boden vor mir, bis Stiefelspitzen in mein Blickfeld traten. Als ich hochsah schaute ich geradewegs in die amüsiert, funkelnden Augen, des Anführers.
„Du würdest jetzt am liebsten sterben, oder?“
Wieso sollte ich denn bitte JETZT sterben wollen? Bei Allah, was war das denn für eine Frage? Wollte er mich etwa doch TÖTEN? Als ich ihn panisch ansah lachte er leise und hielt mir seine Hand hin.
„Der Kampf ist vorbei, du kannst jetzt ins Innere des Hauses, oder in das was davon noch übrig geblieben ist, wenn du willst.“ Wenn ich will? Er hatte mich gefragt was ICH wollte, nicht von mir verlangt das zu tun was ich zu wollen hatte. Das war nett von ihm, und das obwohl er so wütend auf mich gewesen war. Ich war froh, denn er schien es nicht mehr zu sein und so lächelte ich ihn schüchtern an  und verlagerte vorsichtig das Gewicht unter meiner kleinen Schwester. Sie schlief weiter wie ein Stein, auch als ich mich umständlich und in Zeitlupe unter ihr hervorschob. Meine Beine waren eingeschlafen und fast klappte ich zusammen, als ich mich mit Hilfe der Wand, nicht seiner Hand aufgerappelt hatte, doch ich schaffte es stehen zu bleiben. Auf der Lippe kauend schaute ich auf meine kleine Schwester herab. Ich wollte sie nicht hier zwischen all den fremden Männern liegen lassen, aber aufwecken wollte ich sie auch nicht.
Der Anführer konnte anscheinend meinen Blick deuten, denn er winkte den Riesen herbei und sagte etwas zu ihm. Dieser ging vorsichtig vor Saya in die Hocke und hob sie auf seine muskeldurchzogenen Arme. Sie sah dort aus wie ein zerbrechliches Stöcklein, aber sein Gesicht war so aufmerksam auf sie gerichtet, dass ich wusste, er würde auf sie Acht geben. Ich hatte es schon an der Art gesehen wie er sie hochhob und war wieder mal verwundert, wenn nicht sogar erschüttert.
„Wo schlaft ihr normalerweise? Willst du es mir zeigen?“, fragte mich ihr Anführer mit seiner weichen, ruhigen Stimme und ich nickte. Mit schnellen Schritten führte ich sie ins Innere des Hauses, die einfache Steintreppe ohne Geländer nach oben. Wir stiegen über feinen Staub und große Gesteinsbrocken. Eine komplette Wand fehlte, auf einmal fühlte ich mich unbehaglich. Er sagte sie würden dort vorerst eine Plane anbringen, um ein bisschen Privatsphäre für uns zu schaffen. Ich zeigte ihnen wo Sayas Schlafplatz war und der Riese legte sie vorsichtig ab. Sie regte sich nicht, sondern schlief tief und fest weiter, während ich sie zudeckte. Ich lächelte bei dem Anblick ihres entspannten Gesichtes, strich ihr über die Haare und ging dann zu meinem kaputten Holzschrank. Ich fühlte mich nackt ohne mein Kopftuch und so griff ich mir das erstbeste und wollte es mir umlegen, aber eine Hand hinderte mich daran. Ich kannte diesen Griff schon und drehte mich fragend zu ihm um. Die Sonne ging rot strahlend hinter ihm auf und sein Anblick verschlug mir für ein paar Sekunden die Sprache.
Er schüttelte den Kopf. Seine Augen waren sanft und offen. Meine wurden umso größer. Er nahm das Kopftuch aus meiner erstarrten Hand und ich fühlte wie mein Herz anfing schneller zu schlagen. Langsam näherte er sich mit angespanntem Blick dem Fenster und ich bekam keine Luft mehr.  Er warf es einfach hinaus.
„NEIN!“, rief ich gedankenlos aus und sprang zum Fenstersims. Ich konnte gerade noch sehen wie es in einer gleißenden Bewegung, dem Boden entgegenwippte und dort schließlich wie ein roter Schandfleck liegen blieb. Schockiert schlug ich meine Hände vor dem Mund. Das konnte er doch nicht tun! Er konnte mir nicht verbieten es zu tragen! Ohne mein Kopftuch war ich nicht vollwertig, ich fühlte mich nackt.
Allah, vergib  mir. Ich war hier mit einem fremden Mann in meinem Schlafgemach. Dafür würde ich in der Hölle schmoren, und das auch noch mit unbedecktem Haar. Eine Träne rann meine Wange herab, als ich es da unten liegen sah… es war als hätte er einen Teil von mir aus dem Fenster geworfen.
Doch, er konnte es tun. Er war ein Mann und somit hatte er die Entscheidungsgewalt.
„Bitte nicht…“, flüsterte ich, da nahm ich im Augenwinkel eine Bewegung wahr und merkte, dass er mir ein neues hinhielt. Unsicher drehte ich mich zu ihm um und nahm das Tuch entgegen.
 „Deine Haare sind viel zu schön um sie zu verhüllen, aber wenn DU es tragen willst, werde ich dich nicht aufhalten.“, murmelte er und dann verbeugte er sich vor mir, dabei fiel ich fast in Ohnmacht, vor Schock. „Du kannst jetzt machen was du willst. Lass dich von uns nicht stören, beweg dich vollkommen frei.“ Mit einem kleinen Zwinkern, drehte er sich um und ging die Treppe nach unten.
Ich blieb allein in den Strahlen der einfallenden Sonne stehen, sah dem Staub bei seinem Tanz  durch die fehlende Wand zu und war vollkommen überwältigt und gleichzeitig überfordert.
Ich nahm meinen Kamm und ließ mich auf die Matratze plumpsen. Das leichte Ziepen und die vertrauten Bewegungen beruhigten mich, machten meinen Kopf frei. Was sollte ich jetzt tun? Sollte ich hier oben bleiben und mich verstecken? Das ging auf Dauer nicht, die Tiere, wenn es denn noch welche gab, würden etwas zu Essen brauchen und natürlich Saya und ich auch. Aber wie sollte ich mich denn vor so vielen männlichen Augen frei bewegen können? Das war einfach unmöglich, doch von ihm so selbstverständlich ausgesprochen. Wusste dieser Ungläubige gar nichts? Machte er sich keine Sorgen um seinen Seelenfrieden? So oft wie er mich berührt hatte, so selbstverständlich wie er meinen Blick einforderte, war ich davon nicht überzeugt. Ich konnte machen was ich wollte? Und was sollte das sein? Noch niemals zuvor war ich vor dieser Frage gestanden. Immer hatte ich gewusst was ich tun MUSSTE. Nichts tat ich weil ich es wirklich wollte. Natürlich, Kleinigkeiten durfte ich selbst bestimmen, aber jetzt war mir ALLES offen. ALLES war doch viel zu viel. Also bürstete ich in aller Ruhe erst meine Haare zu Ende, nicht wie sonst, wenn ich es noch halb verfilzt unter meinem Kopftuch versteckten musste. Flocht mir einen Zopf und wickelte in gewohnter Manier den Stoff über mein Haupt. Er schmiegte sich vertraut an meine Kopfhaut und ich schloss erleichtert die Augen. Denn das hatte etwas von Zuhause.
 Mein Bauch knurrte und ich entschied mich dazu meine neu gewonnene Freiheit auszutesten. Er hatte mir gesagt er würde mich niemals schlagen, keiner von ihnen würde mir wehtun, ich wusste nicht ob ich den Worten glauben konnte, aber ich würde es versuchen. Bis jetzt, hatten sie uns noch nichts getan.
Also marschierte ich mit frisch gekämmten bedeckten Haaren nach unten und nahm mir meinen Wassereimer. Es war nicht leicht mit gesenktem Blick den Anführer zu suchen, also musste ich leider gucken… fast alle hatten nun ihren Oberkörper wegen der Hitze entblößt und die schweren Uniformen abgelegt, sie aßen und lagen verstreut in der morgendlichen Sonne, bauten Zelte auf und tranken aus ihren Wasserflaschen. Ich glaube, ich hatte noch nie so eine intensive Röte verspürt wie in diesem Moment. So viele nackte, männliche Oberkörper auf einmal… Allah, bitte verzeih mir.
Doch irgendwann fand ich ihn. Vorne am absolut durchlöcherten Haus, lehnte er locker mit dem Rücken an der Mauer und kaute auf einem Grashalm herum. Er sprach mit ein paar anderen Männern, einem mit Glatze, dem Riesen, dem Blonden mit den kühlen Augen und Soldaten die ich bis jetzt noch nicht gesehen hatte. Auch er trug nur noch eine tief sitzende Hose… Ich hatte noch niemals so einen männlichen und gleichzeitig gepflegten Körper gesehen. Ich wollte nicht hinsehen… aber tat es doch… Er hatte einen wirklich schönen Körper anders konnte ich es nicht beschreiben. Er war schier perfekt… Als mir dieser Gedanke kam wollte ich am liebsten schreien und weglaufen. Allah, vergib mir. Ich schämte mich und strafte mich in Gedanken selbst. Voller Reue wegen meinem gottlosen Denken trat ich an die Gruppe heran, natürlich mit gesenktem Blick und dem Eimer in der Hand. Ich wusste nicht wie ich auf mich aufmerksam machen sollte, aber die Gespräche verstummten sowieso, sobald ich mich an den Rand der kleinen Gruppe stellte.
Ich versuchte mich nur auf seine Augen zu konzentrieren,  weil ich wusste, dass es ihn aufregen würde wenn ich ihn nicht ansah, während ich so leise sprach, dass er es sicherlich kaum hörte. „Du hast gesagt ich darf tun was ich will?“ es klang wie eine Frage und er runzelte die Stirn. Wie selbstverständlich streckte er die Hand nach mir aus und ich zuckte zusammen. Er presste die Lippen aufeinander, umfasste trotz meiner Reaktion, leicht meinen Oberarm  und führte mich ein Stück von der Gruppe breit grinsender, tuschelnder Männer weg.
„Und ich habe es auch so gemeint.“, meinte er im Schutz eines Baumes. Die Sonne hatte bereits ihre volle Kraft entfaltet und schien erbarmungslos auf uns herab.  Ich starrte auf meine Füße.
„Ich würde gerne Tee und etwas  zu Essen machen. Dafür brauche ich Wasser.“ Ich hob meinen alten Eimer hoch.
„Gut. Wo holst du dein Wasser?“
„Im Fluss.“, murmelte ich verhalten.
„Wie weit ist der Fluss entfernt?“
„Er ist gleich da hinten.“ Immer noch ohne ihn anzusehen zeigte ich ihm über meine Schulter die ungefähre Richtung.
„Ich werde dich begleiten. Ich halte es zwar für Unwahrscheinlich aber es kann sein das sie sich dort versteckt halten.“ Er meinte wohl die Taliban gegen die sie gekämpft hatten.
„Was ist mit meiner Schwester?“ ich wollte sie nicht schutzlos zurücklassen. Er grinste mich an.
„Ist es Okay für dich wenn Hugh auf sie aufpasst?“ er schaute zu dem Riesen, der uns breit grinsend zuwinkte.
„Ich weiß nicht…“, er schien nett zu sein, dennoch kannte ich niemanden von ihnen und konnte sie nicht einschätzen.
„Du kannst ihm wirklich vertrauen. Er liebt Kinder über alles, weil er selber eins ist.“ Ich musste ein kleines bisschen lächeln, als er das sagte und nickte lippenkauend.
„Gut.“ Er drehte sich um und ging zu der Gruppe Männer. Bei Allah… ich konnte nicht anders… ich starrte seinen nackten Rücken an. Er hatte eine dicke Narbe in der Leistengegend. Das erinnerte mich an meinen eigenen Rücken, ansonsten war seine Haut makellos, viel makelloser als meine, mit strammen Muskeln darunter und leicht gebräunt. Was tat ich hier nur? Kopfschüttelnd kniff ich die Augen zusammen, als er mit dem Mann ohne Haare sprach. Dann schaute ich nur noch auf meine Füße und das auch, als er zurückkam und verkündete, dass wir gehen konnten.
Und dann machte er etwas, was mir fast den Boden unter den Füßen wegzog…
Wie selbstverständlich nahm er den Eimer aus meiner Hand und marschierte pfeifend drauf los!
Ich sah ihn beim hinterhergehen schockiert von der Seite an und stolperte über einen Stein. Seine Hand schoss nach vorne und fing mich am Arm auf. Mit der anderen hielt er den Eimer. Er zog fragend eine Augenbraue hoch. Ich sah ihn an und musste es wissen. Wie hieß dieser unglaublich verstörende, temperamentvolle aber doch so freundliche, herzliche Ungläubige, der mir sagte ich dürfte tun was ich wollte, und der meinen Eimer für mich trug?
„Wie heißt du eigentlich?“
Ein breites Lächeln überzog sein Gesicht und ließ es erstrahlen, wieso auch immer.
„Ich heiße Jack Cooper und bin erfreut deinen Eimer tragen zu dürfen.“ Ich konnte mir mein Kichern einfach nicht verkneifen. 
CUT!

Sooooooooooooooooooooooooooooo! Das war´s mal wieder von mir! Oder sollte ich besser sagen von uns! Von meiner Sofia P alias kisicat (Sie ist ja doch bei ff, postet hier aber nichts, die böse Möse, dabei kann sie soooooooooooooooooooo wahnsinnig gut schreiben und hat soo ein geiles Gefühl für die deutsche Sprache!), ich bin immer noch geflasht von deiner Review die du geschrieben hast, inklusive dem Spruch am Schluss ;) Und natürlich danke an meine Beta! UND Danke an meine Hülya, die mir zur Seite steht und die ich für ihr Wesen bewundere. Schatz, du bist wirklich eine wahnsinnig starke Frau, du kannst stolz auf dich sein! Und an meinen Militärberater und DANKE an euch! Ich kann leider nicht alle Reviews beantworten, aber ich werde es versuchen!!!!!
Ich hab euch alle lieb, bin grad auf dem Hippitripp und könnte euch und auch ein paar Bäume knuddeln, weil diese Geschichte trotz meiner Bedenken so gut ankommt!
LOL
Eure Bethy!

Ach ja: Ich weiß ich bin nervig, aber der Wettbewerb geht nur noch ein paar Tage also ist Endspurt angesagt und danach werde ich euch vorerst mit so was in Ruhe lassen! Hehe. Hier nochmal der Link! Ihr seid echt die aller, aller, allerbesten Leser dieser Welt!




Dienstag, 9. Oktober 2012

Nur ein Tag



Mit einem bestimmten Ruck schloss er die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Ich saß auf der Couch und lächelte ihn breit an.

„Alle weg.“, verkündete er erleichtert und drehte dann seinen Kopf, ließ seinen Nacken mit geschlossenen Augen knacken. Er sah wirklich fertig aus. Dunkle Augenringe zogen sich über seine Haut. Ein Dreitagebart zierte sein kantiges Kinn und seine sonst leicht gebräunte Haut wirkte fahl, aber dennoch war er für mich im Moment der schönste Mann auf Erden.

Mein gefühlvoller, sexy Stripper mit der harten Schale und dem weichen Kern.

Ich konnte es nicht mehr aushalten ihn nur anzusehen ohne zu berühren und streckte die Hand nach ihm aus.

Ein wunderschönes Lächeln überzog sein Gesicht, ließ diese eindrucksvollen dunkelgrünen Augen mit Wärme erstrahlen und er setzte sich in Bewegung.  Ich glaube er konnte gar nicht anders als sich mit tänzerischer Anmut zu bewegen und mir stockte der Atem, während dieser schöne Mann auf mich zukam und vor mir stehen blieb.

Er strich durch meine Haare und lächelte sanft auf mich herab. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass du zu mir zurückgekommen bist.“

„Ich auch nicht.“, hauchte ich und schloss die Augen, als er meine Wange mit einer mittlerweile fast schon vertrauten Geste umfing und mich mit dem Daumen streichelte. Weil ich dem Drang ihm nahe zu sein, so gut wie nie widerstehen konnte, beugte ich mich vor und umschlang seine Hüften mit meinen Armen. Mein Gesicht lehnte ich an seinen Bauch und fühlte genau die Ausbuchtung seiner Muskeln unter meiner Wange, die ich daran schmiegte. Er lachte leise, als ich mit meiner Nase darüberfuhr.

„Bist du etwa kitzlig?“, fragte ich hinterhältig. Er lachte lauter. Mit einem Mal waren meine Handgelenke in seinen Händen.

„OH nein junge Dame! Ich bin viel zu fertig für so was!“ Jetzt musste ich auch lachen und versuchte seinem Griff zu entfliehen, dabei warf ich mich nach hinten, aber er folgte mir einfach und setzte sich in alter Strippermanier breitbeinig über meine Knie.

„Du wolltest es nicht anders…“, kündigte er düster an, dann waren beide Handgelenke schon zusammen gefangen genommen und er pikste mich in die Seiten. Ich lachte so laut, dass ich grunzte und wand mich unter ihm hin und her wie ein Wurm. Keine Ahnung wann mich das letzte Mal jemand gekitzelt und ich so heftig gelacht hatte, dass ich schreien  musste.

„ICH ERGEBE MICH! BITTE HÖR AUF, SONST MACH ICH MIR IN DIE HOSEN!“ Lachend ließ er von mir ab und beugte sich vor, um mit seiner Nase über  meine zu streichen.

Oh mein Gott diese Augen, sie würden irgendwann meinen absoluten Untergang bedeuten. Sie raubten mir den Atem. Er ließ meine Arme los und umfing mit einer Hand sanft meinen Kiefer. Sie fühlte sich riesig und beschützerisch auf meiner Haut an.

Er küsste mich…. Langsam und sinnlich und das so lange und ausdauernd, bis ich keine Luft mehr bekam. Dann schwang er sich plötzlich von mir runter und zog mich auf sich, so dass ich auf seinem Bauch zu sitzen kam.

Das sanfte Licht des Morgens wurde rötlich durch seine Vorhänge gefiltert. Um uns herum herrschte Chaos, aber hier in unserer kleinen, ganz persönlichen Liebesblase, herrschte Glückseligkeit. Seine Hände lagen auf meinen Oberschenkeln und ich strich verträumt über die Sehnen an seinen Unterarmen.

„Meine Eltern würden sich sicherlich freuen, wenn ich endlich mal eine Freundin mit nachhause bringen würde.“

„Hä?“

„Du hast gesagt du kennst meine Eltern nicht und ich denke das sollten wir schleunigst ändern.“ Edward
grinste mich breit an, während mein Mund einige Sekunden in Sprachlosigkeit abhing. Er gluckste leise und hob die Hand, um ihn zu schließen und dann mit dem Daumen über meine Lippen zu streichen.

„Ich hatte bis jetzt drei, oder nein warte, vier feste Freundinnen. Eine hatte ich auf der High School die ich natürlich abgeschlossen habe“ Er rollte die Augen, dann sprach er mit seiner tiefen Stimme sanft weiter. „Es war nur eine kleine Liebelei, mit den ersten Küssen und schließlich dem ersten Sex… sie konnte nicht wirklich mit mir und äh… meinen männlichen Vorzügen umgehen, deswegen verließ sie mich nach dem ersten Mal. Dabei habe ich  mir solche Mühe gegeben!“ Er schaute mich gespielt in tiefer Trauer erschüttert an und legte theatralisch die Hand auf sein Herz. Ich wurde knallrot, denn jetzt lief mein Kopfkino Amok. Ich hatte ihn ja schon gefühlt und da hatte ich mich wegen der Größe fast zu Tode erschrocken. Eine Vermutung war gewesen, dass er für seinen Auftritt nachgeholfen hatte, aber die war jetzt dahin…  Ich konnte seine erste Freundin verstehen… irgendwie ein bisschen… aber meine Lustgrotte konnte es gar nicht, sie freute sich schon auf das erste Treffen mit….

Er grinste breit und zufrieden über meine Röte und strich über meine Wange. „Mhmmm…. Baby….. an was du wohl gerade denkst?“ Ich fing seine Hand ein und schloss die Augen. Er wusste es doch sowieso.

„Und weiter?“, lenkte ich schnell ab, er lachte jetzt leise über mich und meine Scham und sprach weiter.

„Die nächste hatte ich auf dem College.“ Als meine Augen aufflogen, rollte er seine erneut. „Nur weil ich strippe heißt es nicht, dass ich ungebildet bin.“ Seine Stimme klang nicht mehr ganz so weich.

„Das hatte ich auch nie von dir gedacht!“, verteidigte ich mich schnell.

„Gut…. Also mit ihr war ich zwei Jahre zusammen, bis sie wegzog. Sie suchte sich ziemlich schnell einen Neuen und gab unsere Fernbeziehung auf. Ich war am Boden zerstört. Wieder mal.“, gab er noch ironisch dazu.

„Ich musste aber meine schulische Laufbahn abbrechen… weil… weil…“ er verhaspelte sich und ich wusste, dass er hier etwas ausließ. „Ich mit dem Strippen und Geld verdienen anfangen musste.“

„Musste?“

„Ja.“ Edward biss die Zähne hart aufeinander. Sein Kiefermuskel spannte sich an.

„Oh.“

„Ab da hatte ich natürlich viele Frauenbekanntschaften und habe es mit zweien fest probiert, aber sie sind beide mit meinem Job nicht klar gekommen. Ich war meinen Freundinnen immer treu, denn ich bin es so von meinen Eltern gewöhnt, aber irgendwann flüchteten sie alle. Es wurde ihnen zu viel.“ Ich biss mir auf die Unterlippe, weil seine Finger bis zu meinen Knien und zurück strichen. „Ich konnte sie verstehen. Mir würde es auch nicht gefallen wenn die Frau die ich liebe sich vor anderen Männern auszieht.“ Er zuckte die Schultern und sah mich grüblerisch an. „Kommst du damit klar, Bella Denn so sicher wie Scheiße stinkt, kann ich jetzt nicht einfach damit aufhören.“

„Ich weiß.“, flüsterte ich und strich weiter über seine Arme. „Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung ob ich damit klar komme, ich denke das wird die Zeit zeigen. Ich… ich weiß nicht… mal was das zwischen uns wird.“

„Eine feste Bindung?“, er schaute mich fast schon ängstlich, aber hoffnungsvoll lächelnd an und ich lächelte zurück. Er erinnerte mich an einen kleinen Jungen, der unbedingt diesen einen bunten großen Lutscher wollte und darum bettelte. Einen wunderhübschen, bezaubernden Jungen. Ich konnte nicht anders und beugte mich vor.

„Das finde ich gut.“, murmelte ich gegen seine vollen, weichen Lippen und küsste ihn einmal sanft. Dann richtete ich mich breit lächelnd wieder auf.

„Sonst noch etwas was du mir erzählen willst?“, fragte ich gespielt streng und zog eine Augenbraue nach oben.

Er gluckste wieder und Gott ich liebte das Geräusch seines Lachens. „Einiges… Also, ich war schon mal im Knast… weil ich betrunken gewesen war und mir gedacht hatte ich müsse ein wenig rumrandalieren und das auf einem Kinderkarussell…  Man, dieser verdammte Schwan wollte einfach nicht so wie ich… der konnte nämlich gar nicht fliegen, das Drecksvieh.“ Ich lachte, weil ich mir vorstellte wie er ihn besoffen lallend, zwischen all den Kindern dazu bringen wollte loszufliegen, der dumme Vogel sich aber nur im Kreis drehte. Er lachte auch bei der Erinnerung daran und sprach dann weiter „Sie steckten mich natürlich prompt in eine Ausnüchterungszelle und weil sie anscheinend typische Klischees bedienen wollten, auch noch mit einer Transe… Sie ist übrigens heute einer meiner engsten Freunde.“

„Echt?“

„Ja.“ Er grinste frech und seine Zähne strahlten mich an.

„Oookaaay.“ An diesen Lebensstil musste ich mich wirklich erst gewöhnen, den er führte.

„Ich liebe mein Auto, ich liebe Geschwindigkeit und ich fahre sehr schnell.“

„Oookaaaay.“ Daran würde ich mich auch noch gewöhnen müssen.

„Und was ich gerne frühstücke, werde ich dir jetzt zeigen.“  Und mit diesen Worten nahm er mich an den Hüften, schwang mich herum, gab mir einen kleinen Kuss auf die Stirn und sprang von der Couch. Mich wunderte es, dass er nicht ein paar Saltos in die Küche machte.

Nach einem üppigen, sehr sättigenden Frühstück, war Edward unter mir auf der Couch in einen scheinbar komaartigen Schlaf gefallen. Ich beobachtete noch ein paar Minuten, oder vielleicht auch Stunden sein friedliches schönes Gesicht und streichelte verträumt darüber. Mit einem letzten sehnsüchtigen Kuss stand ich auf und sah mich in der absolut chaotischen Bude um. Ich fand auf einem Sofa neben der Couch eine Decke, deckte ihn zu und dann… machte ich mich ans Werk.  Ich hielt es hier sonst einfach nicht aus.

Dabei strahlte ich die ganze Zeit vor Glückseligkeit und Schmetterlingen in meinem Bauch von einem Ohr zum anderen und ich würde mir dieses Gefühl jetzt nicht zerstören lassen, denn die Realität würde uns sicherlich noch früh genug einholen.

Nachdem ich zwei Stunden Extremputzing veranstaltet hatte, war ich bis auf die Knochen durchgeschwitzt und brauchte dringend eine Dusche. Ich glubschte aus der Küche, wo ich das letzte Glas eingeräumt hatte ins Wohnzimmer und hörte und sah ihn leise schnarchen. Gott, sogar das war an ihm süß.

Ich fühlte mich einfach mal wie daheim und stieg unter die Dusche, in der sicherlich drei Leute Platz gehabt hätten. Das klare Wasser prasselte angenehm lauwarm auf mich herab und kühlte meinen aufgeheizten Körper ab. Schon jetzt, war es draußen brühend heiß und schwül und ich streckte mit einem Seufzen mein Gesicht in den Wasserstrahl und fühlte mich danach rundum erfrischt. Ich brauchte kein Duschgel, Wasser allein reichte vollkommen aus.

Gleich neben der Dusche gab es ein großes Regal mit flauschigen schwarzen Handtüchern und ich trocknete mich mit einem ab. Genau in dem Moment wurde die Tür mit einem Ruck aufgerissen und ein völlig aufgelöster, panischer Edward stürmte das Bad, wie eine Sturmwolke den sommerlichen Himmel.

Mit einem Kreischen, das selbst in meinen Ohren stach, presste ich schnell das Handtuch vor meinen Körper, während er mit der Klinke in der Hand erstarrte und… seine Augen sich verdunkelten. Ohne es zu versteckten glitt er mit seinem hungrigen Blick über meinen Körper, der davon anfing zu kribbeln.

„Ich dachte du bist gegangen.“, meinte er tonlos, ohne seine Augen von meinen Beinen zu lösen.

„Klar, ich mach dir den Putzdienst und hau dann einfach ab.“ Sein Blick schoss nach oben und seine angespannten Schultern sackten herab.

„Danke dafür. Das hat noch nie jemand für mich gemacht.“ Er wurde rot und strich sich über den Nacken, nun war er peinlichst darauf bedacht den Boden zu inspizieren. Ich war ihm dankbar dafür, dass ihm wieder eingefallen war, wie verklemmt ich war.

„Für dich hat noch nie jemand geputzt?“

„Doch meine Mama.“ Er grinste mich spitzbübisch an. „Äh… okay… ich werde dann mal…“, er sah mich an und schluckte hart „wieder rausgehen, damit du dich in Ruhe… anziehen kannst. Brauchst du was von mir?“

Ich schüttelte grinsend den Kopf. „Nein, ich ziehe mein Kleid einfach ohne meinen Bikini drunter an.“ Jetzt klappte sein Mund schockiert auf und er starrte mich an wie das letzte Einhorn. Ich lachte und wollte auf ihn zugehen, um ihn zu küssen, aber er streckte seine Hand vor mir aus.

„STOP, keinen Schritt weiter! Mit dem Kopfkino, welches du mir gerade beschert hast, wäre es nicht ratsam für dich in meine Nähe zu kommen, außer du willst auf der Stelle gefickt werden.“ Jetzt war es an mir geschockt zu sein, knallrot zu werden und sofort zu erstarren.

„Gut…“ langsam, als würde er sich vor einem wilden Tür in Sicherheit  bringen, ging er einen Schritt zurück. Wenn er eine Waffe gehabt hätte, hätte er diese sicher auf mich gehalten. „Wir… treffen uns unten.“, stammelte er unsagbar niedlich und ich kicherte über ihn, während ich gleichzeitig die Augen rollten.

„Bis gleich du schüchternes Mädchen das es voll in sich hat.“ Mit diesen Worten knallte er die Tür zu und ich hörte ihn Treppen herabrennen, wie ein Verrückter auf der Flucht. Ich lachte ausgelassen. Er war ja so… lustig und durchgeknallt und anbetungswürdig.

Als ich nach unten kam, ich hatte mich dann doch nicht getraut und lieber den alten verschwitzten Bikini nochmal angezogen, als unten ohne in diesem knappen Kleidchen rumzurennen, ging er auch nach oben duschen. Bei ihm dauerte es nicht so lange wie bei mir und als er wieder runter kam, stockte mein Atem. Er trug eine tief sitzende Militärhose und ein weißes Muskelshirt. Dazu ein Leder- Band ums Handgelenk, seine kurz geschorenen Haare und auch noch Boots… es war perfekt. ER WAR    PERFEKT. Er zog sich sogar im Alltag an wie ein Stripper und Gott…. Es stand ihm vorzüglich. Er konnte es sich eindeutig mehr als leisten.

„Bereit für neue Schandtaten?“ Er kam auf mich zu und umfing meine Hüften, mit einer Hand hielt er meine, mit der anderen stieß er mich ab und wirbelte mich im Kreis. Mit einem Ruck zog er mich, lachende, kleine Frau gegen seine Brust und küsste mich auf meinen Kopf.

„Mit dir immer.“, gab ich schüchtern zurück und küsste ihn kurz über seinen Ausschnitt auf seine glatten, harten Brustmuskeln.

Wir gingen zum Jahrmarkt… ich war schon seit Jahren auf keinem gewesen. Also hatte ich ganz vergessen wie bunt und laut es hier war und wie gut es überall nach Zuckerwatte oder gebratenen Mandeln roch. Edward schoss mir souverän ein riesiges Kuscheltier. Es war ein überdimensionales Zebra, unter dem ich fast begraben wurde, als er es mir stolz überreichte und dabei theatralisch vor mir auf die Knie ging. Doch als wir über ein kleines, schwarzhaariges Latinomädchen stolperten das gerade einen herzzerreißenden Weinanfall hatte, weil sein Eis vor ihm auf dem Boden lag, tat es Edward so leid, dass er mich fragte, ob wir ihm nicht das Kuscheltier schenken wollten. Ich hatte in dem Moment genau dieselbe Idee gehabt und war mir jetzt nur umso sicherer den richtigen Mann an meiner Seite zu haben. So wie sie ihn anhimmelte als er ihr das Zebra gab, sah sie das wohl genauso.

Ich hakte mich lächelnd bei ihm ein und wir schlenderten weiter. Er versuchte mich für eine Fahrt auf der Achterbahn zu überreden, aber ich war einmal mit einer gefahren, als ich vierzehn gewesen war und hatte danach alles vollgereiert, also konnte er flehen und betteln und vor mir knien sooft und so viel er wollte, aber er brachte mich nicht dazu. Wir fuhren stattdessen Kettenkarussell und hielten sogar dabei Händchen.

Danach sprangen wir ins Meer um uns abzukühlen, bei der Affenhitze, wären wir sonst eingegangen. Edward zeigte mir danach seinen Lieblingsburitoladen von denen man- seine Rede- so richtig geil furzen konnte und fütterte mich liebevoll mit dem Furzessen, auch seine Rede.

Ich lachte an diesem Tag so viel, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Mit ihm war es einfach nur wunderschön und ich konnte gar nicht genug von ihm bekommen. Er von mir auch nicht, dass spürte ich mit jeder Faser meiner Selbst. Außerdem wusste er wie man Frauen so behandelte, dass man sich fühlte wie das kostbarste auf der Welt.

Doch je weiter sich die glühend heiße Sonne über den Himmel schob, umso mehr wurde mir klar, dass ich mich nicht mehr länger vor der Realität verstecken konnte.  Ich musste mit Jake reden und ich musste es Edward beibringen, dass ich noch mit Jacob reden musste.

„Edward.“

Wir waren gerade ins Auto gestiegen und er ließ alle Fenster herunter, um die saunaartige Hitze zu vertreiben.

„Was Baby?“ Er drehte sich zu mir um und strich mir die Haare vom verschwitzten Nacken, massierte mich leicht und sah mich aufmerksam an. Ich biss mir auf die Unterlippe und nestelte in meinem Schoß mit meinen Händen rum. Er verengte die Augen.

„Was ist?“

„Ich muss mit meinem Verlobten sprechen.“

Stille. Ich schaute von meinem Schoß hoch und sah wie er mich blank ansah.

„Okay.“, meinte er dann schließlich nur und startete den Motor.  Dafür zog er die Hand zurück und hielt sich an meiner Kopfstütze fest um rückwärts auszuparken. Er versuchte zwanghaft keine Gefühle durchblicken zu lassen. Das merkte ich ganz genau.

„Einfach nur Okay? Kein wieso und weshalb?“, bohrte ich neugierig, während er sich in den dichten Verkehr einreihte.

„Nenn es feige, aber  ich habe im Laufe meines Lebens gelernt keine Fragen zu stellen, bei denen die Antworten wehtun könnten.“ Er war eindeutig ungefähr zwanzig Grad zu kalt zu mir und das frustrierte mich.

„Ich will mit ihm reden, weil ich ihm die Wahrheit sagen will, Edward.“, meinte ich sanft.

„Die wäre“. Er sah mich nicht an, konzentrierte sich nur darauf Zentimeter für Zentimeter weiter zu kriechen, ich runzelte die Stirn.

„Das ich ihn verlassen werde, weil ich mich in dich verliebt habe?“ Es war für mich ganz klar, aber für ihn anscheinend nicht. Dachte er ich würde meine Entscheidung bereuen oder meine Meinung gar ändern, wenn ich mit Jake sprach? Ich war nicht so, wenn ich mich einmal für etwas entschieden  hatte, dann blieb ich auch dabei, aber er konnte das natürlich nicht wissen.

Er sah mich immer noch nicht an.

„Hast du mich gehört?“, fragte ich unnötigerweise. Die Stimmung die von ihm ausging, gefiel mir gar nicht.

„Ich bin nicht taub.“ Okay… langsam wurde ich wütend.

„Mein Gott, was ist denn jetzt los mit dir?“, stieß ich aus und bekam einen halb frustrierten, halb wütenden Blick zu geworfen. „Rede mit mir!“

Mit einem Ruck scherte er nach links auf die Überholspur und gab Gas sobald er konnte. „WAS mit mir los ist Bella? Wirklich?“, knurrte er frustriert.

„JA!“ Boah… ich wurde nicht nur langsam wütend… ich war es vollkommen!

„Was denkst du denn was mit mir los ist, wenn ich höre, dass du dich mit deinem Verlobten triffst, um mit ihm zu sprechen? Ich denke komischerweise, aus welchen Gründen auch immer, dass es für dich nicht leicht ist zehn Jahre Beziehung einfach so weg zuschmeißen und dass er dich mit irgendwas um den Finger wickeln könnte und dass ich dich verliere, noch bevor es mit uns richtig angefangen hat.“

„Wirst du nicht! Und was denkst du denn was ich jetzt tun soll? Mich einfach vor ihm verstecken? So, dass er vor Sorge um mich umkommen wird?“ Er antwortete nicht. „Glaubst du etwa für mich wird es leicht werden?“, fügte ich also noch etwas weicher hinzu. „Ich habe Jake lange Zeit geliebt. Es fällt mir nicht leicht ihm weh zu tun und glaube mir, ich würde mich sehr gerne vor diesem Gespräch drücken, aber er hat es verdient die Wahrheit zu erfahren!“

Er schloss die Augen, als wir an einer roten Ampel stehen blieben und rieb sich über die Stirn. Dann atmete er tief durch. „Du hast ja recht…“

„Ich weiß.“, jetzt war ich es, die wütend war und verschränkte die Arme vor der Brust. Stur starrte ich jetzt nach vorne.

„Lass mich mitkommen.“ Ich schaute ihn an, als hätte er seinen Verstand verloren.

„Spinnst du?“

„Wenn es um dich geht schon.“ Er zuckte mit den breiten Schultern, als ich ihn weiterhin ungläubig ansah.

„Das wäre das letzte, wenn ich dich mitnehmen und ihm somit unter die Nase reiben würde, da guck Jake, genau das ist der Grund, weswegen ich dich verlasse… sieh dir nur diese Muskeln an und dieses wahnsinnig hübsche Gesicht. Hast du jemals so etwas Wunderschönes gesehen wie seine Augen und guck erst mal dieser Arsch und hey ich hab was vergessen… Edward tanz mal… jeah Baby, schwing deine sexy Hüften… siehst du Jake… DER Kann sich bewegen, ich sags dir… mit einem Lapdance hat er mein Herz gestohlen. Tut mir leid für dich, aber er ist nun mal der schärfste Typ auf diesem Planeten, da hast du keine Chance dagegen?!“ Boah, war ich jetzt sauer und Edward hatte nichts Besseres zu tun als leise zu lachen.

„WAS?“, fragte ich genervt.

„Du bist so verdammt süß, wenn du so von mir schwärmst.“ Er beugte sich zu mir rüber und gab mir einen Kuss auf den Hals. Jegliche Wut fiel von mir ab, sobald seine Lippen mich berührten.

„Mit einem Lapdance habe ich dein Herz gestohlen?“, neckte er mich sanft.

„Ach, halt die Klappe.“ Ich konnte das Lächeln nicht aus meiner Stimme vertreiben, die sofort sanfter wurde, denn seine Nase strich über meinen Kiefer und sein Atem umnebelte mich. Ohne mein dazutun, drehte ich ihm mein Gesicht zu und wir versanken in einem tiefen innigen Kuss.

Edward schmeckte süß nach gebrannten Mandeln.

Ich stand ungefähr seit zehn Minuten vor dem Hotel und konnte mich einfach nicht dazu bringen da hochzugehen und der Wahrheit ins Auge zu blicken.

Wie würde es Jake gehen? Wie würde er reagieren?  Ich fühlte mich wie das größte Arschloch auf diesem Planeten, aber was sollte ich tun? Edward vergessen, Jake heiraten und dann voller Frust in einer lieblosen Ehe feststecken, nur weil es moralisch richtig war? Das wäre doch auch Jake gegenüber unfair. Er hatte eine Frau verdient die ihn genauso liebte, wie ich es mal getan hatte.

Ich musste mutig sein und das hier beenden bevor er zu spät war.

Irgendwann setzte ich mich also in Bewegung und ging los. Im Aufzug fühlte ich mich, als würde ich zu meiner Beerdigung Hinrichtung fahren und noch schlimmer wurde es, als ich vor der Zimmertür stand.

Noch einmal tief durchatmen und ins kalte Wasser springen… Wieder mal.

Ich sah erst mal nichts, sobald ich das Zimmer betreten hatte, denn es war zappenduster. Alle Vorhänge waren zugezogen und es stank abartig nach alkoholischen Ausdünstungen, aller Art. Ich wedelte angewidert vor meinem Gesicht rum, als würde es was bringen und stolperte über Unbekanntes zum erstbesten Fenster. Dort riss ich den Vorhang auf und flutete das Zimmer mit Tageslicht und vor allem schwüler Frischluft. Nachdem ich für Sauerstoffzufuhr gesorgt hatte, blickte ich mich um und sah nicht nur eine leere Weinflasche rumliegen, doch mein Blick blieb auf der Couch hängen, denn dort saß Jake, mit den Ellbogen auf die Knie gestützt und den Kopf in den Händen vergraben. Eine Pose der absoluten Verzweiflung.

„Jake?“, fragte ich leise, weil sich bei seinem Anblick schmerzhaft mein Herz zusammenzog.

Langsam wandte er den Kopf und sah mich traurig und mit blutunterlaufenen Augen an. Seine Haare waren zerzaust, sein weißes Hemd offen und mit Wein befleckt.

„Hey.“, sagte er schwach und griff nach einer Flasche Wein die vor ihm auf dem Tisch stand. Er nahm einen großen Schluck. „Wo warst du?“, fragte er dann und stellte die Flasche mit einem Knall ab, von dem ich innerlich und äußerlich zusammenzuckte. Unter der schwachen Oberfläche brodelte es. Ich ging langsam zu ihm und setzte mich neben ihn auf die Couch. Tausend Worte rauschten durch meinen Kopf, aber nichts schien das hier leichter zu machen, also entschied ich mich für die einfache unverschönte Wahrheit.

„Ich war… bei einem anderen Mann, Jacob.“ Er keuchte auf, denn damit hatte er sicherlich nicht gerechnet. Sein Kopf fuhr herum und er starrte mich an, als hätte er mich noch nie in seinem gesamten Leben gesehen.

„Komm schon Süsse, verarsch mich nicht! Das ist nicht witzig!“ er wollte nach meinem Knie greifen, aber ich hielt seine Hand ab und nahm sie in meine. Strich darüber und fühlte wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ich konnte ihn einfach nicht ansehen, während ich hauchte.

„Ich verarsche dich nicht. Ich habe vorgestern Abend einen Mann kennen gelernt und… und… Gott…“ ich strich mir übers Gesicht und sah ihn dann doch an. „Ich liebe dich nicht mehr, Jake.“ Eine Träne rann über meine Wange, als ich auf seinem Gesicht sah was diese Worte mit ihm anstellten.

„D… das meinst du doch nicht ernst…“

„Doch.“ Ich drückte seine Hand an mein Herz. „Es tut mir leid, so war das nicht geplant, aber… ich will meinen Laden nicht aufgeben, ich will mein Leben nicht aufgeben. Ich will mich nicht aufgeben, für unsere Zukunft.“

Er sah mich nur blank an. „D… du willst mich nicht heiraten?“

Ich nickte und biss mir auf die Lippe um einen Schluchzer zurückzuhalten. Ich musste jetzt stark bleiben und später zusammenbrechen. Ich wollte Jacob nicht wehtun, aber es führte kein Weg daran vorbei. Die Wahrheit war eben manchmal schmerzhaft.

„Mir hätte es früher klar werden müssen… aber wir… wir haben uns auseinander entwickelt und ich wollte es nicht glauben… bis… bis… bis ich merkte wie es ist wirklich für jemanden wahre Gefühle zu haben.“

„Du hast wirklich einen anderen kennengelernt?“ Jake schien langsam zu realisieren und er zog seine Hand mit einem Ruck von mir weg, als würde er sich ekeln. Er hatte jegliches Recht dazu. Ich fühlte mich gerade selber wie eine gewissenlose Schlampe. Ohne ihn anzusehen, nickte ich nur und starrte auf meinen Schoß.

„Wer ist es?“ Seine Stimme war hart.

„Du kennst ihn nicht.“

„Wo hast du ihn kennengelernt?“ jetzt fühlte ich wie meine Wangen heiß wurden. Das hier war wahrscheinlich das schwerste was ich jemals zu ihm sagen musste, er würde denken ich wäre komplett durchgeknallt.

„In einem Stripclub.“ Stille. Dann lachte Jake laut und bellend.

„Ach… Kleine… ich wusste doch, dass das hier ein Scherz ist.“ Er wollte seinen Arm um meine Schulter legen und mich an sich ziehen, aber ich entzog mich ihm und sprang auf. Er sah  mich total verdattert an. Wirr fuhr ich mir durch die Haare.

„NEIN JAKE. Es ist die Wahrheit! Ich habe ihn in einem Stripclub kennengelernt! ER… er… ist Stripper.“

Jetzt lachte Jake wieder, aber völlig ohne Humor. Es klang leicht irre, aber irgendwie schadenfroh. „Scheiße, du warst schon immer so naiv Bella.

Er verarscht dich doch nur! Du weißt doch wie solche Kerle sind!“

„Nein tut er nicht.“ Ich klang etwas verbissen, aber nur ein ganz kleines bisschen.

„Man Bella. Der will dir doch nur ans Höschen!“ Jake sprach sonst nie so obszön und ich zuckte zusammen, es verletzte mich zutiefst, was er gerade sagte, aber Vorurteile hatte eben jeder.

„Er will nicht nur das Jake. Er liebt mich!“, schrie ich ihn jetzt an, auch wenn ich das so nicht beabsichtigt hatte. „Und ich liebe ihn.“, fügte ich noch kleinlaut hinzu.

„WAS?“ Jake sah mich an wie ein Pferd in rosa Tütü.

„Ich liebe ihn Jake.“, widerholte ich sanft. Es gab hier nichts mehr zu sagen und Jake war wieder in Schock erfroren. Einige Sekunden wartete ich auf eine Erwiderung, doch als diese nicht kam entschied ich mich darum meine Koffer zu holen.

„Wir können nochmal drüber reden, wenn etwas Zeit vergangen ist Okay… ich… ich hole jetzt meine Sachen.“, meinte ich stockend und vorsichtig. Jake reagierte nicht und ich stand einige Sekunden blöd vor ihm rum. Dann drehte ich mich um und ging ins Schlafzimmer.

Dort blieb ich schockiert im Türrahmen stehen denn auf dem Bett lag etwas in Leinen eingewickelt. Es war groß und viereckig und mein Herz blieb stehen. Mit zitternden Fingern ging ich zu dem… Bild und klappte das Leinen auf. Ich keuchte auf als ich sah was es war. Das war unmöglich… absolut unmöglich.

Fast schon rasend packte ich es jetzt schnell aus und hielt es mit beiden Händen vor mich… doch… es war es, tatsächlich.

Jake hatte mir das Bild gekauft welches ich mir so sehr wünschte. Er hatte mir meinen Traum erfüllt.

Weil meine Beine unter mir nachgaben, drehte ich mich um und ließ mich langsam auf das Bett herabsinken, löste dabei keine Sekunden meine tränennassen Augen von dem Gemälde. Es war in Echt noch faszinierender als auf den Fotos, die ich gesehen hatte. Es war atemberaubend schön und es war mit höchster Wahrscheinlichkeit DAS Originalbild. Jake machte bei so etwas keine halben Sachen. Er musste ein Vermögen für das hier, für meinen Traum ausgegeben haben und was war mein Dank dafür?

Auch wenn mir das Herz bei diesem Gedanken brach, so wurde mir eins klar: Ich konnte dieses wunderschöne, atemberaubende Bild das ich schon mein Leben lang begehrt hatte, einfach nicht annehmen, nicht so. Ich starrte es an und fühlte die Tränen wieder über mein Gesicht laufen.

„ES ist wirklich schön.“ Ich hatte gar nicht gemerkt, dass Jake im Türrahmen lehnte. Mein Herz machte einen Sprung.

„Ja, das ist es.“ Nur mit Müh und Not löste ich meine Augen von dem Bild und sah ihn an, wie er kaputt und zerstört da stand. Ich hatte ihm das angetan… ich hatte ihn so sehr verletzt.

„Ich kann es nicht annehmen.“, hauchte ich leise, weil die Worte kaum über meine Lippen konnten.

Jake schloss die Augen, dann schüttelte er den Kopf und kam auf mich zu. Er sank vor mir auf die Knie. Seine dunklen Augen glühten mich an und ich wusste in diesem Moment wieso ich mich einmal in ihn verliebt hatte. Er war einmal voller Leidenschaft für mich gewesen, aber jetzt nicht  mehr.

„Wenn ich dir sonst nichts mehr geben kann, dann nimm bitte wenigstens das von mir an, Bella"

Ich schluchzte auf als er das sagte und strich  mit zitternden Fingern eine Strähne aus seinen nun auch feuchten Augen.

„Du bist einfach zu gut für mich…“, flüsterte ich und er schüttelte den Kopf. Er nahm meine Hand und drückte sie gegen seine Lippen.

„Nein, bin ich nicht.“ Er schloss die Augen als mein Daumen ihn streichelte.

„Doch.“

„Ich habe dich nicht mehr so akzeptiert wie du bist… ich habe dich nicht ernst genommen… und habe angenommen, dass meine Träume auch deine sind. Ich… ich habe in dir den Menschen gesehen, den ich haben wollte… und damit habe ich dich fast gebrochen“, murmelte er verletzlich.

„Jeder Mensch verändert sich und seine Meinungen. Wir hatten einmal denselben Traum, aber dann sind wir in verschiedenen Realitäten aufgewacht.“

Er schaute zu mir hoch und ich konnte die tiefe seiner Gefühle für mich genau erkennen, aber es war zu spät.

„Ich dachte das würde uns nie passieren.“, raunte er.

„Ich auch, Jake… ich auch!“ mit einem Aufschluchzen legte ich das Bild auf die Seite und glitt zu ihm auf die Knie. Ich umarmte ihn fest und er versteifte sich zuerst, aber dann umfingen mich seine Arme und er hielt mich, wiegte mich leicht und mein Herz brach erneut und ich wusste, dass ein Teil von mir für immer hier bei ihm bleiben würde. Jake war nie ein schlechter Mann gewesen. Wir hatten uns eben nur auseinandergelebt.

Als ich mit meinem Bild und einem Koffer bewaffnet das Hotel verließ, war es bereits früher Abend und die Straßenlaternen gingen langsam der Reihe nach an. Es war dämlich von mir mit einem Wert von einem kleinen Einfamilienhaus durch Miamis Straßen zu laufen, also rief ich mir ein Taxi und stieg umständlich ein. Ich nannte Edwards Adresse und sah dann aus dem Fenster.

Wie würde es jetzt weiter gehen? Was würde ich jetzt tun? Konnten Edward und ich vorerst eine Fernbeziehung führen? Denn ich würde nicht hier bleiben können, ich musste zurück zu meinem Geschäft, zu meiner Leidenschaft, zu dem Leben weswegen ich Jake verlassen hatte, damit ich es führen konnte. Würde Edward vielleicht mit mir kommen?

So viel Fragen  und ich hatte keine Antwort. Edward schien hier irgendwie verpflichtet zu sein. Er brauchte das Geld vom Strippen weil er Schulden hatte, aber wofür und wie viele?  Ich glaube er wollte schon lange aus diesem Leben ausbrechen, aber es war ihm nie gelungen, weil er diese Schulden hatte.  Konnte ich ihm dabei vielleicht irgendwie helfen?

Als ich bei ihm ankam, fühlte ich mich komisch leichtfüßig aber auch unsicher. Hier fing ein ganz neuer Lebensabschnitt für mich an. Immer war Jake an meiner Seite gewesen, jetzt war ich auf mich allein gestellt, sozusagen. Naja… nicht ganz… ich lächelte als ich das Licht durch das Fenster strahlen sah. Ich war nicht allein, wahrscheinlich war ich davor mit Jake verlassener gewesen, als mit Edward wenn wir eine Fernbeziehung führten.

Stolz benutzte ich die Schlüssel, die ich von meinem neuen sexy Stripperfreund bekommen hatte und schloss auf. Das Bild ließ ich genauso im Flur stehen wie meine Tasche.

„Ich bin wieder da!“, rief ich, doch keiner antwortete.

Ich runzelte nachdenklich die Stirn und zog die Ballerinas aus, dann ging ich ins Wohnzimmer.

„Edward? Baby?“, rief ich leise und ein Stöhnen war die Antwort. Mein Blick folgte dem Geräusch und ich erstarrte im Durchgang. „SCHEISSE!“, rief ich aus, rannte zu ihm und fiel auf die Knie.

Er lag neben dem Couchtisch auf dem Boden… und ächzte als ich ihn auf den Rücken drehte. Sein Gesicht war aufgesprungen, über dem Auge blutete er stark aus einer Platzwunde. Alles fing an anzuschwellen. Es sah aus als hätte ihn ein Bär mit einem Baseballschläger bearbeitet und überall waren feine Blutspritzer. „Gott, EDWARD Scheisse! Komm Baby, steh auf…“

Er grunzte erneut, als ich ihm auf die Couch half und er sich dort fertig in die Kissen fallen ließ. ER packte meinen Arm, als ich ins Bad gehen und Verbands- und- Desinfizierzeug holen wollte.

„Bella...“ seine Stimme war rau, seine Augen waren von unergründlicher Panik durchzogen. „Du musst gehen.“

„Was?“, japste ich, „Spinnst du?“

„Nein… nein… Bella bitte… du musst verschwinden. Ich meine es ernst… todernst. Bitte Baby.“

Ich starrte ihn schockiert an. Meine Gehirnwindungen waren völlig leergefegt, doch schließlich schaffte ich langsam zu fragen. „Wieso?“ und es klang schmerzlich verletzt.

Edward ließ seinen Kopf nach hinten fallen und schluckte hart. „Sie… sie werden wieder kommen. Ich habe keine Zeit mehr…“

„Wer?“ er schüttelte nur den Kopf. Verdammt. Ich hatte gerade meinen Verlobten für ein Leben mit ihm aufgegeben, da würde ich mich jetzt ganz sicher nicht vertreiben lassen, von KEINEM. „SAG mir wer es ist oder ich schwöre ich werde dir zeigen, was richtige Schmerzen sind! Ich kann Karate.“, zischte ich ihn also an und seine Augen flogen schockiert auf. Er starrte mich an, als würde er mich gerade zum ersten Mal sehen. Gott… ich konnte diesen Blick heute wirklich nicht noch einmal ertragen. „Sag mir jetzt wer dich so zugerichtet hat und worum es bei der ganzen Sache geht Edward… sag es mir oder ich werde einfach die Typen fragen, die dich so zugerichtet haben, denn so wahr mir Gott helfe, ich werde keinen Zentimeter von deiner Seite weichen. Niemals.“, grollte ich weiter und er hatte die Frechheit schon wieder leise zu lachen, aber dann stöhnte er schmerzverzerrt und hielt sich fluchend die Rippen, weil das Lachen in einem trockenen Hustenanfall endete. Ich entschied mich dazu ihm eine kleine Pause zu gönnen und ihm was zu trinken zu holen. Gleichzeitig gab ich ihm zwei Schmerztabletten. Er nahm alles dankbar und ohne ein weiteres Wort an, dann ließ er wieder den Kopf nach hinten fallen und schloss die Augen.

„Ich habe… eine kleine Schwester. Sie heißt Alice.“, fing er plötzlich an, sobald ich stur neben ihm saß. Er sah mich nicht an und sprach einfach mit leiser Stimme weiter. „Sie war schon immer eine Rebellin. Sie hatte immer die neuesten Piercings und Tattoos und Männer die unsere Eltern nicht ausstehen konnten. Ständig waren sie sich uneinig und das ging schließlich soweit das sie die Schule abbrach und einfach die Fliege machte… Mein Vater hatte ihren neuen Freund nicht akzeptiert. Er hieß Jasper und er fand er war viel zu alt für sie, aber sie liebte ihn und deswegen brannte sie mit ihm durch. Sie brach den Kontakt zu uns komplett ab und ließ mich völlig im Dunkeln tappen wo sie war und wie es ihr ging und ich habe mir verdammte Sorgen gemacht, weil ich schon immer ihr Beschützer gewesen war, jetzt konnte ich sie nicht mehr beschützen und das machte mich genauso Verrückt wie meine Eltern. Sie haben es sich niemals verziehen, dass sie sie vertrieben hatten…

Zwei Jahre nachdem sie gegangen und wir sie für verloren erklärt hatten, bekam ich aber eines Nachts einen Anruf. Es war Allie… und sie brauchte ganz dringend meine Hilfe. Zu der Zeit hatte ich ein Stipendium für eine hochangesehene Tanzakademie bekommen, aber ich ließ alles liegen und stehen und eilte zu ihrer Rettung… nur um mich im schlimmsten Viertel von Miami vorzufinden. Es stellte sich heraus, dass Jasper ein Zuhälter war und damit meine ich nicht die Art von Zuhälter die ihren Mädchen die Ärsche pudern und sie mit Samthandschuhen anfassen. Meine kleine Schwester war nur noch ein Wrack als ich sie fand. Von Drogen und brutalem Sex gezeichnet und zerstört.

Und sie hatte Schulden gemacht… einen Haufen Schulden. Sie konnte das nicht zahlen. Sie lag auf dieser alten Matratze in dieser Drecksbude und flehte mich mit großen Augen an ihr zu helfen. Sie hatte Todesangst. Ich musste sie da rausholen, sie war doch meine kleine Allie… aber ich hatte kein Geld.  Ich hatte nichts… außer… meinem Körper und meiner Leidenschaft fürs Tanzen… Und so fing es an…

Und es geht bis heute weiter, aber sie verlieren ihre Geduld. sie wollen ihr verdammtes Geld haben. ALLES auf einmal, auch wenn wir es anders ausgemacht hatten… ich bin im Arsch Bella… genauso wie es Alice gewesen war…“ Er öffnete die Augen und sah mich absolut hoffnungslos an. „Scheiße Baby… nicht weinen!“ obwohl er vor Schmerzen das Gesicht verzog, streckte er den Arm nach mir aus und zog mich herab an seine Brust. Ich krallte mich an ihm fest, also am Shirt, ich wollte ihm ja nicht noch mehr weh tun. Das war so… Edward…. Er hatte sein Leben für seine kleine Schwester geopfert.

Aber ich würde nicht zulassen, dass sie es bekamen. Er hatte mehr  verdient… mehr als von diesen skrupellosen Bastarden wegen Geld umgebracht zu werden!

„Wie viel?“

Er lachte humorlos und stöhnte dann vor Schmerzen auf.  Ich hob meinen Kopf und sah ihm ins zerstörte Gesicht. „Ich meine es Ernst Edward. Wie viel schuldest du ihnen noch?“

„Fünfzigtausend Dollar.“, hauchte er und hob seine Hand. Er strich mir ein paar Strähnen hinter das Ohr. „Ich kann das nicht zahlen Bella… es tut mir leid… um uns… ich dachte sie würden mir noch mehr Zeit lassen… ich dachte wir hätten eine Chance.“, murmelte er sanft.

Ich schloss die Augen, denn ich wusste was ich tun würde und… es war falsch… einerseits, aber andererseits war es das einzig richtige.

„Ich kann dir das Geld geben.“, meinte ich tonlos.

„Du hast nicht so viel Geld.“ Er wusste das, denn er wusste bereits so gut wie alles über mich.

„Doch… ich habe rein zufällig so viel Geld im Flur liegen. Es war Jakes… Abschiedsgeschenk, sozusagen.“

Er zog eine Augenbraue hoch. Mit schwachen Bewegungen stand ich auf und holte mein Bild. Ich zeigte es ihm und sah wie seine Augen groß wurden. Sie wanderten ein paar Mal zwischen meinem Gesicht, ich weinte schon wieder, aber das tat ich ja sowieso die ganze Zeit, und dem Gemälde hin und her, dann richtete er sich auf und schüttelte energisch den Kopf.

„NEIN! Vergiss es Baby! Ich lasse nicht zu das du deinen Traum für mich aufgibst!“ Ich legt das Bild auf den Couchtisch und fiel vor ihm auf die Knie, umfasste sein Gesicht und ich sagte etwas was mir erst, als ich es aussprach mir klar wurde, dass es stimmte. „Edward… du BIST jetzt mein Traum. Ich will nur noch dich.“

Er schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen meine. „So ein egoistischer Bastard bin ich nicht!“

„DAS ist doch nur etwas Farbe auf einer Leinwand, aber das hier…“ ich fasste an seine Brust, dort wo sein Herz schlug. „Ist ein Leben. Glaubst du etwa das ist mir weniger Wert?“

Er schüttelte nur weiterhin den Kopf. „Nein Bella! Auf keinen Fall!“ unverhofft fanden seine Lippen meine und er küsste mich wild und ungezügelt und ich wusste nicht ob er vor Schmerzen oder vor Lust stöhnte, aber seine Hände vergruben sich in meinen Haaren. „Ich werde dir das nicht nehmen. Ich werde einen anderen Weg finden.“ Würde er nicht. Er log mich an um mir das auszureden, denn  es gab für ihn keinen Ausweg. Aber er küsste mich nochmal, so intensiv das sich mein Kopf drehte und erst nach ein paar Sekunden fiel mir auf das er den Verführer raushängen ließ, um mich abzulenken.

„Schlaf mit mir…“, hauchte er gegen meinen Lippen und ich stöhnte hilflos. „Bitte… ich muss wenigstens wissen wie du dich anfühlst, wenn ich gehe… bitte Baby.“ ich ließ  meinen Kopf zurückfallen weil seine verzehrenden Küsse jetzt an meinem Hals herabwanderten.

Vielleicht wollte er mich doch nicht ablenken. Er dachte er würde sterben und er wollte mit mir schlafen. Wer war ich, um ihm das, sozusagen seinen letzten Wunsch, abzuschlagen, auch wenn ich natürlich niemals zulassen würde, dass irgendwas oder eben irgendwer mir ihm wegnahm.

Seine Hände wühlten in meinen Haaren, umfingen meinen Nacken, hielten mich fest. Heiße Gänsehaut rann über meinen Körper, als er mit den Fingerspitzen meinen Hals herabstrich. Es war köstlich. Und ich wollte es auch. Jetzt hier… aber…

„Du wirst vor Schmerzen sterben.“, keuchte ich weil  mein Hals so schrecklich empfindlich  und er so unsagbar talentiert war.

„Die Tabletten wirken schon.“

Ich musste wirklich nicht lange darüber nachdenken.

„Okay.“, murmelte ich und er erstarrte. Sein grüner, glühender Blick flog nach oben. Seine Brust hob und senkte sich schnell.

„Einfach nur Okay?“

Ich lächelte schüchtern und umfasste sein Gesicht wieder mit beiden Händen, strich zurück durch seine seidig kurzen Haare, ließ sie durch meine Finger rieseln.

„Nichts lieber als das…“ Und da war es wieder… mein Strahlegrinsen und da zeigte er sie mir wieder… seine Kraft. Denn mit einem Ruck hatte er mich nach oben gehoben und hoch in sein Bett getragen.

Er ließ mich in die Kissen niedergleiten und ich fühlte mich in einem Mal wie eine Prinzessin. Langsam zog er mich aus… Zärtlich sah er mich dabei an… Sanft liebte er mich… er hatte Dinge drauf, die ich mir nie hätte träumen lassen, berührte Stellen von denen ich noch nicht mal wusste, dass sie erogene Zonen waren… es war der beste Sex in meinem Leben, ich wusste ja nicht, was ich davor verpasst hatte…

Ich wachte auf weil etwas Kaltes meine Schläfe berührte und ich musste mich hart zusammenreißen um nicht loszuschreien, als ich die Augen öffnete, denn über mir stand ein vernarbter riesiger Kerl und grinste mich breit an. Er hatte eine Waffe auf mich gerichtet und mich damit angestupst.

„Na, wen haben wir denn da?“, fragte er mit starkem Akzent, keine Ahnung mit was für welchem. Ich drehte mich vorsichtig um und sah, dass Edward noch tief und fest schlief. „Glaubst du er zahlt schneller wenn wir sie mitnehmen?“, fragte er jemanden. Erst jetzt bemerkte ich, dass hinter ihm noch ein Kerl stand. Er war blond und gelockt und viel kleiner als der Schrank. Sein Gesicht wirkte hinterlistig, seine Augen waren eiskalt. Er strahlte eine kühle, überlegene Schönheit aus, die einen einschüchtern konnte.

„Ich weiß nicht. Vielleicht ist das nur eine seiner Schlampen.“

Der andere machte ein abfälliges Geräusch. „Glaub ich nicht. Schau sie dir an, die hat nicht mal Silikontitten.“ Ich zog die Decke zurück, als er sie hochheben wollte und schaute ihn mit verengten Augen an.

„Ihr müsst gar keinen mitnehmen, denn ich habe das Geld was ihr von ihm wollt.“ OH MEIN GOTT, ich machte hier gerade einen auf Vollzicke, während ich mit einer Waffe bedroht wurde, was dachte ich mir dabei nur? Na gut, das Adrenalin das durch meine Adern rauschte, machte  mich wohl absolut kopflos. „Gebt mir zwei Minuten...“, flüsterte ich, denn ich wollte nicht, dass Edward aufwachte.

Sie sahen sich gegenseitig ratlos an, zuckten dann aber die Schultern und gingen raus.

Schnell schlüpfte ich in meine Kleidung und fühlte dabei wie mein Herz in meiner Brust raste. Auf was ließ ich mich hier nur ein? Konnte man denen trauen, oder würden sie mich einfach nur abschlachten und ihn auch? Gott… ich sah ihn an… sein wunderschönes schlafendes Gesicht und wusste ich musste alles wagen. Ich konnte ihn einfach nicht verlieren.

Sie warteten unten und starrten auf das Bild. Der blond gelockte meinte abfällig, aber leicht verunsichert. „Das ist aber kein Original.“ er konnte es nicht glauben, aber ihm war anzuerkennen das er skeptisch und gleichzeitig absolut fasziniert war. Kunstkenner unter den Kriminellen. Nett.

„Fahren wir ins Auktionshaus, dann erfahren wir es.“ Ich packte es in Leinen und Blondie sah mich schief an.

„Du gibst DAS hier für IHN her?“ er wedelte mit seiner Waffe in Richtung Schlafzimmer und ich antwortete wahrheitsgemäß.

„Ich würde ALLES für ihn geben.“

Meine Hände waren feucht, als ich auf der Rückbank der Limousine saß. Unter den eiskalten Augen der zwei Kerle vor mir, wurde mir richtig schlecht. Sie konnte mich auch einfach erschießen und das Bild an sich nehmen, aber sie wussten ja nicht ob es echt war und dann würde ICH ihnen sicherlich mehr nützen als so eine Krakelei. Reumütig sah ich es mir noch ein letztes Mal an, versuchte mir jede Farbe und Form einzubrennen. Wenigstens würde ich irgendwann wissen das ich es in den Händen gehalten hatte… für ein paar Stunden, war es tatsächlich mein gewesen.

Es war echt…

Es kostete ein Vermögen… und innerhalb von zwei Stunden war es bereits unter dem Hammer. Der reiche Schnösel der anonym kaufte zahlte in Bar… und plötzlich hatte ich einen Koffer Geld mehr und dafür einen Traum weniger.

Der große wartete draußen auf mich. Er grinste mich an und man konnte bei diesem Lächeln wirklich Angst bekommen.

„Sag ihm Aro wünscht ihm noch ein schönes Leben. Der kleine Pisser soll bis heute Abend die  Stadt verlassen haben.“

„Okay.“ Ich hatte Angst, dass er sich den Koffer packen und davonstürmen würde, deswegen kam ich lieber nicht in seine Nähe und bleib dicht bei dem Kunsthaus stehen.

Der blonde kam breit grinsend raus und meine Augen wurden groß, als ich sah was er unter den Arm geklemmt hielt. DAS BILD! Das hätten wir aber auch leichter haben können.

„Vielen DANK dafür!“ er wedelte damit freudestrahlend in meine Richtung und Tränen traten mir in die Augen. Mein Traum in den Händen eines Kriminellen, fuhr mit durchdrehenden Reifen davon und ich blieb allein zurück.

Mit einem Vermögen in Bar dabei ist es nicht gut Bus zu fahren. Der Schweiß strömte mir vor Anspannung aus allen Poren und ich fühlte mich dazu auch noch schlecht, weil ich Jake verraten hatte in dem ich das Bild verkaufte, aber mir war nichts anderes übrig geblieben. Selbst wenn Edward und ich keine gemeinsame Zukunft hatten, so hätte ich nicht zulassen können, dass er sein Leben ließ, wenn ich es hätte irgendwie verhindern können.

War ich froh als ich Edwards Haus betrat… ich hatte gerade die Tür zugeknallt und den Koffer abgestellt da kam er schon auf mich zugelaufen wie ein Wahnsinniger.

„SCHEISSE BELLA!“, grölte er mich an, dann prallte er schon gegen mich und hob mich hoch, drückte mich, vergrub sein Gesicht an meinem Nacken. Ich war völlig überrumpelt, umarmte ihn aber zurück.

„Werde ich jetzt immer so von dir begrüßt?“

„Wo zum Teufel warst du? Ich hatte gedacht sie hätten dich geholt als ich geschlafen habe! Ich dachte ich hätte dich verloren!“, schrie er mich an. Ich schaute lippenkauend zu dem Koffer und sein Blick folgte, dann sah er mich mit großen Augen an. Sofort wurde es ihm klar und er trat einen Schritt zurück.

„DAS hast du nicht getan.“, knurrte er rasend. Ich strich durch seine Haare.

„Ich hatte keine Wahl. Ich kann dich nicht verlieren.“

Edward stolperte noch einen Schritt zurück, dann drehte er sich um und stürmte  ins Wohnzimmer davon. Ich hörte etwas poltern und zuckte zusammen. Vorsichtig folgte ich ihm und sah wie er auf der Couch saß. Absolut verzweifelt, den Kopf in die Hände gestützt, so wie Jake vorhin. Der Couchtisch war umgeworfen.

Ich ging zu ihm und setzte mich neben ihn. Langsam lehnte ich mich an seinen mittlerweile grünen und blauen nackten Rücken, er trug wieder mal nur eine Jeans.

„Ich liebe dich.“, murmelte ich und er atmete tief durch, dann drehte er sich langsam zu mir um und saß oben ohne, göttlich und verzweifelt vor mir.

„Ich weiß nicht wie ich das jemals wieder gut machen kann, Bella.“

Seine Stimme war dick, angestaut mit Gefühlen. Seine großen, grünen Augen waren sogar leicht feucht.

Ich schüttelte den Kopf und grinste breit. „Sieh es einfach so: Ich habe dich hiermit gekauft, du bist jetzt mein Sklave und du wirst jeden einzelnen Cent bei mir abtanzen.“ Er lächelte schwach und so wunderschön.

„Du hast mich tatsächlich befreit.“ er umfing meine Wange und streichelte mich, sah mich dabei fasziniert, fast schon voller Ehrfurcht an.

„Du mich doch auch“, hauchte ich errötend und unangenehm berührt von so viel ungläubiger Dankbarkeit, die mich aus seinen Augen aus anstrahlte.

Wir hatten uns gegenseitig befreit. So war es. Er mich aus einer lieblosen Beziehung… und ich ihn… aus den Fesseln der gespielten Lust.

„Was fangen wir jetzt mit unserem neuen Traum der Freiheit an?“, fragte er nach einiger Zeit in der wir nur dasaßen und uns ansahen. Ich lächelte ihn an und beugte mich vor. Sanft küsste ich ihn.

„Wirst du mit mir nach Paris gehen?“ und er lächelte auch gegen meine Lippen. Seine Hand umfing meinen Nacken stark und sicher, hielt er mich und ich wusste es war für immer.

„Ich werde dir überall hin folgen.“, waren seine letzten Worte und ich wusste er würde sie wahr machen…





ENDE




Als aller, aller erstes DANKE an Moni, die wieder die Zeit gefunden hat, für mich zu betan!

Boah, innerhalb von zwei Stunden hab ich dieses Gefühlsmonster geschrieben. Ich mag die beiden… und ich dachte mir, es war im vorigen Kapitel alles noch so ungewiss, sie hatten ein bisschen Klärung und Sicherheit verdient!

Außerdem wollte ich mich hiermit für eure Stimmen bei dem Wettbewerb bei Bookrix bedanken! ABER leider bin ich im Moment nur auf Platz sieben!! Deswegen bitte ich euch hier noch einmal um Unterstützung. Es ist nicht schwer, nur hingehen, sich kostenlos anmelden und mir HIER einen Pokal geben! Letztendlich entscheidet natürlich die Jury, ABER je mehr Pokale zu Anfang umso besser denke ich!

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Ich danke euch!!!!